Am ersten Handelstag des neuen Jahres noch gute Stimmung, am zweiten Tag gehen die Anleger in Deckung. Ölpreis und Goldpreis legen am Freitag deutlich zu, die Kurse bröckeln zeitweilig um zwei Prozent ab, bevor sich das Minus wieder auf nur rund ein Prozent reduziert. Anleger und Börsianer schauen wie die übrige Welt auch mit bangem Blick auf den persischen Golf. Droht tatsächlich ein neuer Krieg zwischen den USA und dem Iran nach der Attacke auf die US-Botschaft in Bagdad und dem nachfolgenden Angriff auf einen iranischen Top-General durch US-Einheiten?
„Schlagartig ist das Risikobewusstsein wieder angestiegen“, sagt Deka-Bank-Ökonom Holger Bahr. Um gleich wieder zu beschwichtigen. „Ein nachhaltiger Abriss an den Finanzmärkten droht nicht“. Zwar könnte sich die Situation an der für die Ölversorgung der westlichen Industrieländer wichtigen Straße von Hormus im arabischen Golf wieder verschärfen. Trotzdem sieht Bahr keine Probleme. Weltweit sei reichlich Öl vorhanden, es drohe keine Knappheit. „Die USA produzieren derzeit alles, was sie aus dem Boden herausholen können.“
Trotzdem geht der Deutsche Aktienindex Dax nach dem deutlichen Plus am 2. Januar einen Tag später in die Knie und rutscht um gut 1,3 Prozent auf rund 13 200 Zähler ab. Gebeutelt ist vor allem die Aktie der Lufthansa. Die Furcht vor steigenden Kerosinpreisen drückt das Papier zeitweise um mehr als sieben Prozent ins Minus. Das alles passiert allerdings bei geringen Umsätzen, weil die meisten Händler noch im Urlaub weilen.
Eine gewisse Zuversicht verbreitet Michael Bissinger von der DZ Bank. Zuletzt sei eine Lösung der großen Krisenherde näher gerückt. Es bestehe die Hoffnung, dass sie nicht eskalieren. Mit Blick auf die USA und die Iran bleibt das abzuwarten. Bissinger sieht allerdings auch eine nicht mehr günstige Bewertung. „Die Kurse haben bereits einiges von einer möglichen Wende zum Besseren vorweggenommen.“ Bei der DZ Bank erwartet man erst einmal eine Seitwärtsbewegung der Kurse, aber keinen Einbruch.
Wieland Staud vom gleichnamigen Analysehaus glaubt dagegen, dass es auch in diesem Jahr an der Börse aufwärts gehen wird. Er zieht aus der Entwicklung der Kurse in der Vergangenheit seine Schlüsse für die Zukunft. Und die verheißen ihm Positives. Eine konkrete Prognose aber wagt Staud nicht. Und räumt ein, dass er falsch liegen kann. 2019 war das der Fall. Da hatte Staud den Dax eher im Minus gesehen und nicht im Ansatz das Plus von am Ende mehr als 25 Prozent.
ROLF OBERTREIS