München – Der boomende Onlinehandel hat im vergangenen Jahr zu einem neuen Rekord bei den Retouren geführt. „Allein im vergangenen Jahr wurden etwa 500 Millionen Produkte zurückgeschickt. Das ist ein neuer Höchststand“, sagte Björn Asdecker, Leiter der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Univ ersität Bamberg, der „Wirtschaftswoche“. Die Quote der zurückgeschickten Artikel liege über alle Warengruppen hinweg konstant bei etwa 13 Prozent.
Zwar würden Onlinehändler viele Anstrengungen unternehmen, um Kunden mehr Informationen über Artikel oder Größen zu geben. Allerdings schreckten sie vor Maßnahmen zurück, die dazu führen könnten, dass die Kunden weniger kaufen, sagte Asdecker: „Die Angst davor, dass ein Kunde einen Bestellvorgang abbrechen könnte, ist viel größer als die Angst vor einer Rücksendung.“
Eine wirksame Maßnahme zur Senkung der Retourenzahlen könnte nach Erhebungen der Forschungsgruppe die Ausweitung von Retourengebühren sein. Bisher erhebe nur rund ein Siebtel der Onlinehändler solche Gebühren, schrieb die „Wirtschaftswoche“. Vor allem der Branchenriese Amazon bestimmt hier die Gepflogenheiten.
Laut einer Umfrage des Magazins wollen große Onlinehändler auch weiter an kostenfreien Retouren festhalten. Zalando erklärte gegenüber der „Wirtschaftswoche“, kostenloser Versand und Rücksendung seien „fester Bestandteil unseres Serviceversprechens“. Lidl hat demnach „kein Interesse daran“, im Onlineshop „die Retourenfrist zu verkürzen oder Gebühren für die Rücksendung zu verlangen“. Otto wolle an kostenlosen Rücksendungen als „Standard in der Branche“ festhalten.
Lediglich der Online-Möbelhändler Home24 erklärte, er stehe einer branchenweiten Gebührenlösung „positiv gegenüber“. Die Einnahmen sollten dann dazu verwendet werden, die Produktpreise zu senken.
Im vergangenen Jahr bestellten die Verbraucher in Deutschland Waren und Dienstleistungen im Wert von 94 Milliarden Euro brutto im Distanzhandel, hatte der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel zu Beginn der Woche berichtet. Das entspricht einem Plus von knapp zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. In diesem Jahr werde voraussichtlich die Schwelle von 100 Milliarden Euro überschritten.