Ist man als Rentner schon zu alt, um noch an der Börse einzusteigen? Aktien-Millionärin Beate Sander kann über diese Frage nur lachen. „Das ist völliger Quatsch! Wenn ich ehrlich bin, dann hätte ich vorher gar keine Zeit gehabt, mich mit der Materie zu beschäftigen“, so die heute 83-Jährige.
Vorher – das war die Zeit, in der sie als Realschullehrerin auch noch einen Haushalt mit Mann und zwei Kindern zu versorgen hatte. Und auch noch sparen musste. Erst mal wollte die Familie ja ihr Häuschen in Ulm abbezahlen. Zur Börse kam Sander erst mit 59. Und das eher zufällig. Der Rektor fragte bei der Wirtschaftslehrerin an, ob sie nicht mit ihren Schülern eine Arbeitsgruppe Börse gründen wolle. Sie wollte. Und da es keine Unterrichtsmaterialien gab, erarbeitete sie die schließlich selbst.
Daraus ist inzwischen ein Bestseller geworden: Ihr „Aktien- und Börsenführerschein“ (Finanzbuchverlag) liegt inzwischen schon in neunter Auflage vor.
Ihr Investment war noch erfolgreicher. Die 30 000 D-Mark Startkapital (Geld aus einer Erbschaft), mit denen sie 1996 an der Börse eingestiegen ist, hat sie inzwischen in ein beneidenswertes Vermögen verwandelt. 2013 war die erste (Aktien-) Million beisammen. „Und vor Kurzem, am 16. Dezember 2019, meinem 83. Geburtstag“, erzählt sie stolz, „hab ich erstmals die Zwei-Millionen-Grenze geknackt.“
Ihr Erfolgsrezept: Mutig sein. In Crash-Phasen kaufen und wenn die Kurse hochgehen, wieder verkaufen und neu investieren. „Aber natürlich verkaufe ich nicht alle Aktien. Die Hälfte behalte ich.“ Klingt einfach, doch für den Erfolg arbeitet Beate Sander fast rund um die Uhr. Wenn’s die Gesundheit erlaubt, beginnt ihr Börsentag um vier Uhr morgens und endet abends um 22 Uhr. Urlaub und Feiertage? „Fallen bei mir aus.“ Fazit: Anfänger sollten sich unbedingt mit dem Thema beschäftigten: „Bücher lesen oder einen Börsenkurs bei der Volkshochschule besuchen. Das kann jeder.“
Angst vor einem Crash hat Sander keine. Warum auch? „Ich habe schon zwei überstanden. Die Dotcom-Blase im Jahr 2000 und den durch die Banken- und Finanzkrise ausgelösten Crash 2007/2008. Aus beiden bin ich gestärkt herausgegangen. Natürlich kommt irgendwann ein neuer Crash. Wir hätten ihn längst, wenn wir jetzt nicht diese Strafzinspolitik hätten. Die lässt einem ja gar keine andere Wahl, als in Aktien zu investieren. Was soll man denn mit dem Geld ansonsten auch machen?“
Die Aktienmillionärin hat übrigens aktuell drei Lieblingsaktien: Varta (Batterien), Eckert & Ziegler und Carl Zeiss Meditec (beide Medizintechnik). Aber: „Einzelaktien sind nichts für Anfänger. Dafür muss man sich intensiv mit dem Unternehmen beschäftigen.“ Also Finger weg.
WOLFGANG de PONTE