Wer sich für einen Einstieg am Aktienmarkt entschieden hat, muss sich überlegen: Welche Wertpapiere kommen ins Depot?
Einzelaktien besser den Profis überlassen
Aktien von einzelnen Unternehmen unterliegen Schwankungen – je nachdem, wie die Geschäfte laufen. Das sollten sich Börsenneulinge besser nicht antun. „Für eine gute Risikostreuung brauche ich eine ausreichende Anzahl von Aktien aus verschiedenen Branchen im Depot“, sagt Gerrit Fey, Leiter Kapitalmärkte beim Deutschen Aktieninstitut (DAI) in Frankfurt. „Da beim Kauf von Einzelaktien regelmäßig Mindest-Order-Gebühren anfallen, sollte der Anlagebetrag pro Aktie dabei nicht zu klein ausfallen“, erklärt er.
Finanzberaterin Stefanie Kühn aus Grafing sagt: „Einzelaktien empfehle ich Einsteigern nicht.“ Bei internationalen Aktien würden Dividenden in vielen Ländern doppelt besteuert, sagt sie. „Zwar kann man sich oft doppelt bezahlte Steuern erstatten lassen, aber der Weg ist mühsam.“
Weniger Risiko durch Fonds und ETFs
Der Tipp der Expertin: „Um eine einfache Risikostreuung aufzubauen, gehen Einsteiger am Aktienmarkt am besten über einen Fonds“, sagt Kühn. In einem Aktienfonds werden Aktien verschiedener Unternehmen in einen Topf geworfen. Der Fondsanbieter beschäftigt dazu Manager, die für den Fonds Aktien kaufen und verkaufen. Fachleute sprechen von „aktiv gemanagten Fonds“. Fondssparer besitzen die Aktien der Unternehmen nicht selbst, sondern halten einen Anteil am Fondsvermögen. Das Risiko ist gestreut.
Neben den aktiv gemanagten Fonds ist in den vergangenen Jahren eine Fonds-Variante sehr populär geworden: Der Exchange Traded Fund, kurz ETF. „Ein ETF ist eine spezielle Art des Fonds, der auf einen Fondsmanager verzichtet, der natürlich auch Geld kostet“, sagt Kühn. Daher seien ETFs besonders günstig. „Sie werden übersetzt mit Indexfonds, weil sie einen Aktienindex wie etwa den Dax nachbilden.“
Ein Index für die Industrieländer
Neben dem Dax, der die 30 wichtigsten börsennotierten Unternehmen in Deutschland repräsentiert, gibt es internationale Indizes. Der MSCI World beispielsweise umfasst über 1600 Unternehmen aus 23 Industrieländern. „Der Anfänger macht nichts falsch mit einem ETF auf den MSCI World“, sagt Anlageexpertin Kühn. Das heißt: Spezialfonds und Branchenfonds können Einsteiger getrost links liegen lassen.
Auch die von der Stiftung Warentest herausgegebene Zeitschrift „Finanztest“ empfiehlt: „Wer sich einen MSCI World ETF kauft, braucht sich jahrelang nicht mehr zu kümmern, denn der ETF läuft einfach mit dem Markt mit.“ In ihrer Februar-Ausgabe hat „Finanztest“ 15 ETFs ermittelt, die als „erste Wahl“ gelten (siehe Tabelle). Die meisten setzen auf den MSCI World.
Expertin Kühn weist aber darauf hin, dass der Begriff „World“ etwas irreführend sei, da der MSCI World nur Firmen aus Industriestaaten berücksichtige. „Daher können auch Einsteiger zu einem kleineren Teil einen zweiten ETF ins Depot beimischen, der die Schwellenländer berücksichtigt.“ Infrage kämen ETFs, die beispielsweise auf den Index MSCI Emerging Markets setzten.
Nachhaltige Geldanlage
Anleger müssen sich darüber im Klaren sein, dass in breit gestreuten Indizes wie dem MSCI World die gesamte Industrie vertreten ist – also auch Waffenhersteller, Atomkraftbetreiber oder Gentechnikfirmen. Aus Gesprächen mit ihren Mandanten weiß Kühn: „Für viele ist das Thema nachhaltige Geldanlage sehr wichtig geworden.“ Die Schwierigkeit dabei: „Noch ist der Markt alternativer Finanzprodukte nicht ausgereift.“ Kühn geht aber davon aus, dass in diesem Jahr mit vielen neuen nachhaltigen Finanzprodukten zu rechnen sei. „Anleger sollten den Markt daher im Auge behalten“, rät sie.
Wer schon jetzt Wert auf eine nachhaltigere Geldanlage legt, hat dennoch Möglichkeiten: „Finanztest“ hat vier Nachhaltigkeits-ETFs verglichen, am besten abgeschnitten hat der UBS MSCI World Socially Responsible (ISIN: LU 062 945 974 3). „Er schließt Firmen aus, die ihr Geld zum Beispiel mit Atomkraft, militärischen Waffen oder gentechnisch veränderten Lebensmitteln verdienen“, lobt „Finanztest“. Zwar gilt der ETF unter Anlagegesichtspunkten nicht als „erste Wahl“, dennoch gilt: „Mit rund 400 Aktien aus 23 Ländern eignet sich der ETF auch als Basisanlage“, schreibt „Finanztest“. Alternative Fonds mit noch strengeren Kriterien finden Anleger unter: www.test.de/finance-future
Sparplan: Ab 25 Euro im Monat geht es los
Wer über ein regelmäßiges Einkommen verfügt, kann über einen Sparplan jeden Monat einen Teil des Einkommens in Fonds oder ETFs einzahlen – was Experten allgemein für die beste Lösung für Neulinge betrachten. „Sparpläne sind für Einsteiger am Aktienmarkt besonders gut geeignet“, sagt etwa Finanzberaterin Kühn. DAI-Experte Fey ergänzt: „Einsteiger können mit kleinen Beträgen anfangen, damit kann man sich langfristig ein ansehnliches Vermögen aufbauen.“ Bei den meisten Banken sind Fondssparpläne bereits ab einer monatlichen Sparrate von 25 Euro möglich.
Den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht
In den vergangenen Jahren haben die Börsenkurse stark angezogen, der Dax brach kurzzeitig sogar seinen Allzeitrekord. Ist das nicht der denkbar schlechteste Zeitpunkt für den Start eines Sparplans? Nein, sagt Aktienexperte Fey. „Bei einem Sparplan muss man sich nicht um den richtigen Einstiegszeitpunkt kümmern, da man kontinuierlich einen festen Betrag anspart.“ Ohnehin könne niemand vorhersagen, wohin sich die Märkte in Zukunft bewegten. Es sei besser, jetzt mit einem Aktien-Sparplan zu beginnen, anstatt mit aller Gewalt den richtigen Einstiegszeitpunkt zu suchen. „Den trifft man ohnehin nur selten“, sagt Fey.
In Börsentiefs ist Nervenstärke gefragt
Sparplan-Anleger benötigen allerdings Nervenstärke. „Viele meiner Mandanten sagen mir: Als es mit den Kursen abwärts ging, habe ich meinen Sparplan lieber gestoppt“, weiß Finanzberaterin Kühn. Das sei aber nicht der Sinn eines Sparplans. Gehe es an den Börsen abwärts, müssten sich Sparer klarmachen, dass es um eine langfristige Geldanlage gehe. Falsch sei es, den Sparplan zu stoppen. Ihr Tipp bei fallenden Kursen: „Augen zu und durch, sich nicht verunsichern lassen, weiterhin jeden Monat Geld einzahlen.“ Diese Strategie kann sich lohnen: Sind die Kurse erst einmal im Keller, kaufen Anleger mit einem Sparplan jeden Monat automatisch günstig zu. Aktienexperte Fey sagt: „Die Erfahrung lehrt, dass auf eine Phase fallender Kurse immer auch wieder eine Phase steigender Aktienkurse folgt.“
Typische Fehler vermeiden
Ganz aus dem Auge verlieren sollten Anleger ihren Sparplan aber nicht. „Ein typischer Fehler: Man hat auf einen bestimmten Branchenfonds gesetzt, der leider nicht so gut gelaufen ist“, sagt Kühn. „Dann heißt es: Notbremse ziehen und umschichten.“
Ein weiterer typischer Fehler: Inkonsequentes Verhalten. „Wer eine Aktienquote von 25 Prozent festgelegt hat, sollte auch dabei bleiben“, mahnt Kühn. Das heißt: Wenn die Märkte gut laufen, und der Aktienanteil an der Gesamtersparnis dank der Kursgewinne plötzlich bei 30 Prozent liegt, sollte der 5-Prozent-Anteil verkauft werden – oder man reduziert in den Folgemonaten die Sparrate, bis sich alles wieder bei 25 Prozent eingependelt hat.
Große Geldsummen anlegen
Wer eine Lebensversicherung ausgezahlt bekommt, dem drohen beim Geldeingang auf dem Girokonto Negativzinsen. „Wer eine größere Summe Geld anlegen möchte, muss sich überlegen: Kam das Geld aus einer fondsgebundenen oder einer klassischen Lebensversicherung?“ Die Expertin rät dazu, das Geld im Falle einer fondsgebundenen Lebensversicherung sofort wieder am Aktienmarkt zu investieren.
„Wenn das Geld bisher aber konservativ angelegt war, sollte das Geld niemals komplett sofort in den Aktienmarkt investiert werden“, warnt Kühn. Sie empfiehlt, den Betrag in kleine Teile zu stückeln. „Gerade wenn jemand noch nicht viel Erfahrung hat, ist das gestückelte Investieren bei Kursrutschen besser verkraftbar.“ Wer beispielsweise 100 000 Euro aus der Lebensversicherung bekommt, könne einen Teil davon über einen Sparplan mit Raten in Höhe von 5000 Euro nach und nach am Aktienmarkt investieren.
Im nächsten Teil der Serie
erklären wir, wie Börsen-Einsteiger ein Depot bei einer Bank eröffnen, wie sich Gebühren sparen lassen und was steuerlich zu beachten ist. Weiterer Lesetipp: Die Zeitschrift „Finanztest“ bietet in ihrer Februar-Ausgabe einen Überblick über die besten Fonds und ETFs.