Auf den Kanaren sitzen Urlauber in Quarantäne fest, in Norditalien sind ganze Ortschaften gesperrt. Wann können Verbraucher kostenfrei von ihrer Reise zurücktreten?
Ich habe einen Flug gebucht und will nun lieber doch nicht verreisen.
„Ihr Geld bekommen Sie nicht in jedem Fall zurück“, sagt Reiserechtler Michael B. Siegel. Einen Flug könne man natürlich stornieren. Den Ticketpreis bekomme man in diesem Fall allerdings nicht immer zurück – Steuern, Flughafengebühren und personenbezogene Zuschläge in den meisten Fällen schon.
Mein Flug wurde aufgrund einer Reisewarnung storniert.
Breitet sich das Coronavirus in einem Land besonders rasant aus, kann das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgeben. In diesem Fall haben Verbraucher bessere Chancen auf eine Rückerstattung des Tickets. Man sei zwar auf eine Kulanzregelung der Fluggesellschaft, wie beispielsweise Umbuchung oder Ersatzbeförderung angewiesen. „Das wird in den meisten Fällen auch angeboten“, sagt Rechtsanwalt Siegel. „Die Fluglinien berufen sich aber auf sogenannte außergewöhnliche Umstände.“ Daher seien zusätzliche Ausgleichszahlungen oder Entschädigungen nicht zu erwarten.
Ich verreise mit dem Zug.
Grundsätzlich gilt im Zugverkehr: „Hier besteht ein Rechtsanspruch auf eine Rückerstattung“, sagt Siegel. Die Deutsche Bahn könne sich nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen und erstatte daher freiwillig Tickets in die vom Coronavirus betroffenen Gebiete in Italien – genauso die italiensche Staatsbahn. „Wird der Zugverkehr ganz eingestellt, können Reisende den Ticketpreis natürlich zurückverlangen.“ Die Deutsche Bahn hat am Donnerstag mitgeteilt, dass sich Fahrgäste ihre Zugtickets erstatten lassen können, wenn wegen des Virus ihr Reisegrund entfällt, also zum Beispiel eine Messe.
Ich habe eine Pauschalreise nach Gran Canaria gebucht.
„Pauschalreisende sind deutlich bessergestellt als Individualreisende“, sagt Rechtsanwalt Siegel. Wer also Transport und Unterkunft bei einem Reiseveranstalter bucht, hat gut Karten. „Die Angst vor dem Virus allein reicht aber nicht“, stellt Siegel klar. Indiz für außergewöhnliche Umstände und damit eine kostenfreie Stornierungsmöglichkeit seien offizielle Reisewarnungen des Auswärtigen Amts. „Für Gran Canaria oder gar ganz Spanien gibt es eine solche Warnung derzeit nicht“, sagt Siegel.
Ich habe eine Pauschalreise nach China gebucht.
Eine offizielle Reisewarnung gilt derzeit nur für die chinesische Provinz Hubei. Von nicht notwendigen Reisen nach China wird lediglich abgeraten. „Das reicht nicht für einen Rechtsanspruch auf eine kostenfreie Stornierung“, sagt Rechtsanwalt Siegel. „Ist Hubei allerdings Teil einer pauschal gebuchten Rundreise, können Reisende kostenlos stornieren.“ Gleichfalls besteht ein kostenloses Recht zum Stornieren, wenn der Reiseveranstalter den Reiseverlauf derart abändert, dass dieser mit der gebuchten Reise nichts mehr zu tun hat. Ansonsten sei man auch bei Pauschalreisen auf die Kulanz des Veranstalters angewiesen.
Ich habe eine Pauschalreise nach Venetien gebucht.
„Wenn die Highlights der Reise in einem Gebiet mit Ein- und Ausreisesperre liegen und diese nicht angesteuert werden können, dann liegt eine wesentliche Änderung der Reise vor“, sagt Robert Bartel von der Verbraucherzentrale. Es gebe zwar keine offizielle Reisewarnung für Italien, Kunden könnten aber kostenfrei stornieren. Wenn also zum Beispiel ein Ausflug ins derzeit abgeriegelte Padua geplant ist, dann kann der Verbraucher zurücktreten. Entscheidend ist, dass der Anbieter die versprochene Leistung nicht erbringen kann.
Ich habe ein Hotel in Venetien gebucht.
„Hier sind Sie auf die Kulanz des Betreibers angewiesen“, sagt Michael Siegel. Selbst wenn sich das Hotel in einer abgeriegelten Gemeinde befinde, bestehe kein Anspruch auf eine kostenlose Stornierung. Im Übrigen würde im Streitfall italienisches Recht Anwendung finden.
Ich habe einen Flug nach Australien mit Zwischenstopp in China gebucht.
Die Einreisebestimmungen in Australien sehen vor, dass Reisende, die sich in den 14 Tagen vor Einreise in China aufgehalten haben, ihren Flug nicht antreten dürfen. „Ein Aufenthalt in China ist auch dann gegeben, wenn Urlauber sich nur im Transitbereich eines chinesischen Flughafens aufhalten“, sagt Siegel. Gleiche Regelungen gelten auch für Reisen nach Neuseeland, Singapur, Japan, Hongkong, Südkorea, Indonesien und USA. In den meisten Fällen bekomme man den Flugpreis erstattet.
Ich muss in meinem Hotel zur Quarantäne bleiben.
„Eine Quarantäne ist eine staatliche Zwangsmaßnahme“, sagt Reiserechtler Siegel. „Für die Kosten, die dadurch entstehen, muss der Staat beziehungsweise erst einmal der Reiseveranstalter aufkommen.“ Allerdings seien solche Fälle im deutschen Recht noch nicht häufig von Gerichten entschieden worden. „Doch für eine Quarantänemaßnahme kann ein Reisender nichts“, sagt Siegel. „Deshalb muss er auch nicht für mögliche zusätzliche Übernachtungen zahlen.“ Hat man eine Pauschalreise gebucht, muss der Reiseveranstalter die Reisenden nach der Quarantäne so bald als möglich ohne Zusatzkosten zurückbefördern.