Warum ein Testament wichtig ist

von Redaktion

INTERVIEW „Bei kleinen Vermögen wird oft mehr gestritten als bei großen“

Viele drücken sich davor, ein Testament zu schreiben. Das Institut für Demoskopie in Allensbach hat ermittelt, dass sich 60 Prozent der Bevölkerung nicht mit dem Thema „Erben und Vererben“ befassen wollen. Warum das so ist? Wir sprachen mit dem Fachanwalt für Erbrecht Prof. Dr. Klaus Michael Groll. Groll ist auch Ehrenpräsident des Deutschen Forums für Erbrecht e.V.

Warum blenden viele den Tod und seine Folgen aus?

Der Tod ist aus unserem Alltag verdrängt, zumal er in den meisten Fällen gar nicht mehr im häuslichen Umfeld stattfindet. Auch der Verlust an Religiosität spielt hierbei eine Rolle. Ist der Tod kein Thema, wird automatisch auch die Vermögensnachfolge außer Acht gelassen. Ein weiterer Aspekt, warum viele kein Testament machen, ist, weil sie glauben, das lohne sich nicht, es sei doch nur so wenig vorhanden. Aber: Die Intensität eines Erbenstreits hat mit der Höhe des Vermögens nichts zu tun. Bei kleinen Nachlässen wird oft mehr gestritten als bei großen. Viele glauben auch, das Gesetz regele die Nachfolge ohnehin vernünftig. Das ist jedoch ganz und gar nicht so.

Haben Sie Beispiele?

Stirbt bei einem kinderlosen Ehepaar einer der beiden, erbt der überlebende Partner nicht automatisch alles. Auch zum Beispiel die Eltern oder, wenn diese nicht mehr leben, die Geschwister oder Neffen und Nichten des Verstorbenen erben mit. Sind Kinder des Verstorbenen vorhanden, erben diese zusammen mit dem überlebenden Ehepartner. Es entsteht also eine Erbengemeinschaft zwischen ihnen, was insbesondere bei minderjährigen Kindern sehr misslich sein kann. Bei der gesetzlichen Erbfolge kann Vermögen auf Umwegen über das eigene Kind auch bei einem vielleicht nicht geschätzten Schwiegerkind landen. Wer das alles nicht will, muss unbedingt ein Testament machen.

In welchem Alter oder in welchen Lebensumständen sollte man ein Testament errichten?

Jeder, der über ein gewisses Vermögen verfügt und schon testierfähig ist, sollte seinen letzten Willen zu Papier bringen. Das ist also auf keinen Fall erst ein Thema für das Alter.

Vielen ist die juristische Materie zu kompliziert. Womit muss man finanziell rechnen, wenn man zu einem Anwalt geht?

Eine generelle Aussage ist nicht möglich, da die Kosten eines Testaments von vielen Einzelheiten abhängen, beispielsweise vom Umfang der Beratung und der Höhe des Vermögens. Die Erstberatungsgebühr für ein Testament liegt bei etwa 200 Euro. Ich rate dringend, wenn es dann um die Ausgestaltung des Testaments geht, das Honorar vorher auszuhandeln. Fachanwälte für Erbrecht sind übrigens verpflichtet, in die Beratung auch das unerlässliche Thema der Erbschaftsteuer einzubeziehen. Notare beraten häufig nicht zur Erbschaftsteuer oder schließen die Haftung hierfür aus.

Oft verursacht der Pflichtteil einen Familienzwist. In manchen Ländern gibt es den Pflichtteil gar nicht mehr. Ist er überhaupt noch zeitgemäß?

Ja, ich bin sehr dafür, dass es dabei bleibt. Es gibt viele Beispiele, die dafür sprechen. Angenommen, eine Witwe, die jahrelang von ihren Kindern gepflegt wurde, entscheidet sich in den letzten Wochen ihres Lebens, ihren Nachkommen nichts zu vermachen, sondern alles ihrem neuen Freund. Das kann sehr ungerecht sein. Der Pflichtteil bietet hier einen Schutz zugunsten engster Familienangehöriger.

Was war bisher Ihr kuriosester Fall?

Ein Mann hatte in einem Wirtshaus seinen letzten Willen auf einen Bierdeckel geschrieben. Es ging um einen Vermögenswert von 1,3 Millionen Mark. Nach seinem Tod wurde dann vehement um die Formgültigkeit des Testaments und auch die Testierfähigkeit gestritten, die natürlich bei einem solchen Umfeld durchaus fraglich war. Der Fall ging durch alle Instanzen. Die höchste Instanz hat letztendlich entschieden, dass der Bierdeckel als Testament wirksam ist, weil alle Formalien einer Urkunde erfüllt seien. Die Testierunfähigkeit konnte nicht bewiesen werden.

Wann haben Sie selbst Ihr Testament geschrieben?

Das ist wie bei einem Zahnarzt, der schlechte Zähne hat. Ich war auch viel zu spät dran. Denn als ich mein Testament aufsetzte, war ich schon Mitte 50 und hatte, obwohl Inhaber einer Erbrechtskanzlei, bis dato nichts geregelt. Im Nachhinein muss ich sagen: Glück gehabt!

Interview: Stephanie Ebner

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