Reisen in Corona-Zeiten ist eine unsichere Sache. Flüge wurden annulliert, Hotels geschlossen, Strände abgeriegelt. Wer seinen Urlaub schon vor Längerem geplant hatte, muss ihn jetzt womöglich stornieren. Welche Regeln für all das jetzt gelten – das beschäftigt auch unsere Leser, die in den vergangenen Wochen viele Fragen an unsere Reiseexperten richteten. Hier eine Auswahl:
Georg B.: Wir haben bereits im letzten Jahr eine Kreuzfahrt für Mitte August gebucht und angezahlt. Ich habe nun diese Reise storniert – was kann ich erwarten?
Julia Zeller: Eine Kreuzfahrt ist rechtlich als Pauschalreise einzustufen. Dem Reisenden steht es grundsätzlich frei, vor Beginn der Reise vom Vertrag zurückzutreten. Jedoch kann der Reiseveranstalter dann eine Entschädigung verlangen. Diese Entschädigung entfällt, wenn ein sogenannter unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand vorliegt. Die Covid-19-Pandemie fällt unzweifelhaft unter diese Voraussetzungen. Ein wichtiges Indiz ist hier auch die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Reisende können somit kostenlos vom Reisevertrag zurücktreten, wenn der Zeitraum der Reise von einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes erfasst ist – aktuell bis 14. Juni 2020. Dasselbe gilt voraussichtlich auch für Reisen, die im Zeitraum bis Ende August 2020 durchgeführt werden sollen, selbst wenn die Reisewarnung vorher auslaufen sollte.
Horst W.: Ich habe einen ganzjährigen Stellplatz auf einem Campingplatz in Tirol. Während des Reiseverbots kann ich den ja nicht nützen. Kann ich anteilig den Jahresbeitrag kürzen?
Zeller: Da es sich um einen Campingplatz in Tirol handelt, ist zu beachten, dass hier unter Umständen andere behördliche Verfügungen und Beschränkungen bestehen. Bei einem festen Camping-Stellplatz bzw. beim Dauercamping sind hier die mietrechtlichen Regelungen anzuwenden. Da der Vermieter zur Gebrauchsüberlassung an der Mietsache verpflichtet ist, ist eine Mietminderung an sich möglich. Liegt jedoch ein behördliches Betriebsverbot vor, gilt wohl etwas anderes. Die Nichtnutzung der Mietsache liegt dann außerhalb des Einflussbereiches des Vermieters und berechtigt nicht zu einer Mietminderung. Die Situation ist aber aktuell unklar und letztendlich ist hier die rechtliche Klärung durch die Gerichte abzuwarten.
Anette I.: Wir hatten für die Osterferien eine Unterkunft für vier Nächte auf Curacao gebucht, die wir coronabedingt nicht antreten konnten. Die Unterkunft bot uns einen Gutschein an, was uns recht war. Jetzt möchten wir den Gutschein einlösen und das Zimmer für nächstes Jahr Ostern buchen. Die Unterkunft bietet uns aber kein Zimmer an mit der Begründung, sie bräuchten für die restlichen Zimmer Cashflow, das heißt, neue Buchungen. Was können wir tun?
Zeller: Wurde von den Reisenden ein Gutschein akzeptiert, gelten die vereinbarten Bedingungen. Wurden beispielsweise bestimmte Buchungszeiträume ausgeschlossen, besteht dann kein Anspruch auf eine Buchung in diesem Zeitrahmen. Sind zudem zu dem gewünschten Buchungszeitraum keine entsprechenden Zimmer frei, kann der Reisende somit auch nicht auf eine Buchung bestehen. Liegt jedoch ein gültiger Gutschein vor, hat der Reisende grundsätzlich einen Anspruch auf Erfüllung. Nachdem Sie die Reise im Vorfeld bereits bezahlt haben, wurde die Gegenleistung auch schon erbracht. Ist folglich die gebuchte Zimmerkategorie zum gewünschten Zeitraum vorhanden, kann die Buchung nicht mit dem Argument abgelehnt werden, dass Gutscheine nicht akzeptiert werden. Sie sollten sich erneut an das Hotel wenden und auf Erfüllung bestehen.
Eduard H.: Wir haben unsere am 28. Februar 2020 gebuchte Ägyptenreise am 6. März aufgrund der Corona-Krise storniert. Nachdem der Reiseveranstalter ab 16. März die Durchführung sämtlicher Ägyptenreisen abgesagt hat und unser Reiseantritt am 23. März gewesen wäre, stellt sich die Frage, ob der Reiseveranstalter jetzt auch die einbehaltenen Stornokosten zurückerstatten muss.
Zeller: Wurde eine Pauschalreise gebucht, können Reisende bei Vorliegen eines unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstandes von der Reise kostenfrei zurücktreten. Nicht festgelegt ist jedoch, ab welchem Zeitpunkt der kostenfreie Rücktritt erklärt werden kann und in welchen Fall doch Stornogebühren zu zahlen sind. Die unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände müssen lediglich vor Reisebeginn auftreten. Relevant ist zudem, dass im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung eine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Reise, bedingt durch die Corona-Pandemie, vorliegt. Tritt der Reisende dagegen nur aus Angst zurück, ist damit zu rechnen, dass Reiseveranstalter Stornokosten verlangen dürfen. In dem vorliegenden Fall kommt es somit entscheidend auf die Situation zu dem Zeitpunkt an, an dem die gebuchte Ägyptenreise storniert wurde. Die Ausbreitung des Coronavirus war Anfang März bereits breit in den Medien vertreten. Damit war es bei der Stornierung bereits sehr wahrscheinlich, dass die geplante Reise durch die Corona-Pandemie beeinträchtigt werden kann. Somit ist davon auszugehen, dass Sie einen Anspruch gegen den Reiseveranstalter haben und die bereits gezahlten Stornokosten zurückverlangen können. Da es sich jedoch um eine neuartige Situation handelt, besteht die Möglichkeit, dass im Falle eines Streites die zuständigen Gerichte zu einer anderen Einschätzung kommen.
Familie W.: Wir haben 2019, in Bayreuth zu den Festspielen für heuer ein Doppelzimmer mit voller Vorauszahlung gebucht. Da die Festspiele abgesagt wurden, habe wir diese Karten sofort zurückerstattet bekommen. Vom Hotel hieß es nur, wir könnten ja die Zimmerreservierung für das nächste Jahr aufrechtbehalten. Woher soll ich wissen, ob ich im nächsten Jahr noch gesund bin und Festspielkarten bekomme?
Carina Schütz: Sofern Sie die beiden Leistungen nicht zusammen als Pauschalreise gebucht haben, greifen die reiserechtlichen Vorschriften hier leider nicht. Bei Individualreisen muss jede Leistung einzeln gegenüber dem entsprechenden Anbieter abgewickelt werden. Bei dem für Juli gebuchten Hotel muss man sich an den AGBs orientieren, aus welchen Gründen und zu welchen Gebühren man stornieren kann. Je nach Regelung können Sie kostenfrei oder kostenpflichtig stornieren und so entsprechend abwägen, wie Sie am besten fahren: mit einer kostenpflichtigen Stornierung oder mit einer entsprechenden Umbuchung. Letztere sollte aber fairerweise zu besseren oder zumindest vergleichbaren Bedingungen stornierbar sein. Ist eine Stornierung mit hohen Kosten verbunden, ist die Aufrechterhaltung der Reservierung womöglich der bessere Deal.
Dieter B.: Anfang Oktober 2019 hatte ich mit meiner Frau eine Rundreise für den 23. Juni 2020 gebucht und auch eine Anzahlung über 550 Euro geleistet. Jetzt wissen wir nicht, wie wir uns verhalten sollen. Entweder sofort die Reise stornieren und eventuell die anfallenden Kosten in Kauf nehmen oder den Restbetrag entrichten und eine wahrscheinlich nicht vollwertige Reise antreten bzw. mit einer möglichen Absage des Veranstalters oder einer weiteren Verlängerung der Reisewarnung rechnen?
Schütz: Bei Reisen, die nach dem Ende der Reisewarnung, also nach dem 14. Juni 2020 anstehen, stellt sich momentan ein regelrechtes Pokerspiel nach dem Motto dar: Wer zuerst storniert, verliert. Bei einer frühzeitigen Stornierung müssen Sie gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ihres Reiseveranstalters mit – oft noch moderaten – Stornierungsgebühren rechnen. Warten Sie ab, in der Annahme, dass die Reisewarnung verlängert wird und/oder der Veranstalter die Reise seinerseits absagt, sind Sie davon abhängig, wie sich die Situation weiterhin entwickelt: Sagt der Veranstalter ab, entstehen für Sie keinerlei Kosten. Bereits geleistete Anzahlungen müssen Ihnen erstattet werden. Kann die Reise jedoch (wenn auch mit Einschränkungen) stattfinden, müssen Sie – sofern Sie diese nicht antreten wollen – mit sehr hohen Stornierungsgebühren (bis hin zum vollen Reisepreis) rechnen. Grundsätzlich sind Sie bis zur eigenen Stornierung oder der Absage durch den Veranstalter verpflichtet, weitere An- bzw. Restzahlungen zu leisten.
Wer sich in dieser Bredouille befindet, sollte sich mit dem Veranstalter in Verbindung setzen und nach einer einvernehmlichen Lösung, wie zum Beispiel einem Gutschein, fragen.
Therese E.: Ich habe für Pfingsten eine Reise nach Dresden gebucht. Die Bundesbahn will mir nun für die Zugfahrt einen Gutschein für 205,80 Euro schicken, einzulösen bis Oktober 2020. Muss ich den Gutschein annehmen?
Schütz: Eine Erstattung des Ticketpreises steht Ihnen nur zu, wenn der Zug ausfällt, die Bahn also die Fahrt von sich aus storniert. Sofern der Zug fährt, bleibt Ihnen im Normalfall die Möglichkeit der Erstattung oder Umbuchung gegen eine Bearbeitungsgebühr. Auf ihrer Internetseite informiert die Bahn über zusätzliche Kulanzregelungen während der Pandemie. Unter anderem heißt es hier: Fernverkehrs-Fahrkarten, die bis zum 13. März 2020 gekauft wurden, können bis zum 31. Oktober 2020 flexibel zur Reise genutzt werden.Wenn Sie in die AGBs des Gutscheins schauen, so ist dieser womöglich übertragbar, sodass Sie ihn an Dritte weitergeben bzw. -verkaufen können, wenn Sie bis zum 31. Oktober selbst nicht mit der Bahn verreisen wollen.
Fragen
können Sie den ganzen Mai über kostenlos telefonisch beim Verbraucherservice Bayern (verbraucherservice-bayern.de) beantworten lassen. Auch die Verbraucherzentrale Bayern hilft weiter. Verbraucherfragen beantwortet sie unter (089) 55 27 94-0 und unter www.verbraucherzentrale-bayern.de/corona.