Keiner stellt sich gerne solche Situationen vor: Nach einem schweren Unfall liegt man wochenlang im Koma oder eine Erkrankung beeinträchtigt einen in der Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Dann ist es gut, wenn Angehörige oder andere Nahestehende sich kümmern.
Denn was vielen nicht klar ist: Selbst Ehepartner dürfen nicht füreinander entscheiden, ebenso wenig erwachsene Kinder für ihre Eltern. Für einen nicht entscheidungsfähigen Patienten darf niemand medizinische Entscheidungen mit Ärzten treffen, es sei denn, er ist in einer Vorsorgevollmacht beauftragt.
In ihr legt ein Mensch in gesunden Tagen schriftlich fest, wer für ihn handeln darf, wenn er selbst vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr selbst entscheiden kann. In der Juli-Ausgabe der Zeitschrift „Finanztest“ steht, was bei der Vorsorgevollmacht zu beachten ist.
Im Voraus Aufgaben festlegen
In einer Vorsorgevollmacht kann jemand schriftlich im Voraus festlegen, welche Aufgaben ein anderer Mensch übernehmen soll und welche Person die Aufgaben übernimmt. Sie ist dann Bevollmächtigter, manche sprechen vom „Vollmachtnehmer“. Das können auch mehrere Personen sein.
Ein Blatt Papier, auf dem alles klar formuliert und inklusive Datum unterschrieben ist, reicht im Prinzip, damit jemand etwa gegenüber Ärzten nachweisen kann, dass er beauftragt ist, für einen anderen zu handeln. Für eine Vorsorgevollmacht gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Form.
Vorgefertigte Formulare nutzen
Dennoch ist es sinnvoll, vorgefertigte Formulare oder Textbausteine zu verwenden – damit niemand das Dokument anzweifelt und nichts vergessen wird. Vollmachtgeber sollten festlegen, welche Person gesundheitliche Entscheidungen trifft und sie gegenüber Bank, Krankenkasse, Pflegestation, Hausverwaltung oder Rentenkasse vertritt. Darf sie Versicherungen kündigen? Wie sieht es mit Onlinepasswörtern aus?
Mit Unterschrift und Datum gültig
Eine Vorsorgevollmacht – unterschrieben und mit Datum versehen – reicht in der Regel aus, damit die bevollmächtigte Person handeln kann. Ärzte, Behörden oder Versicherer verlangen manchmal die Vorlage des Originals. Geht es um Konto, Vermögensverwaltung oder Immobilien, reicht eine unterschriebene Vollmacht nicht. Der Vollmachtgeber muss das Dokument dann notariell beurkunden oder die Unterschrift beglaubigen lassen oder eine Bankvollmacht erteilen.
Tragweite des Handelns erkennen
Damit das Dokument gültig ist, muss der Vollmachtgeber zum Zeitpunkt der Unterschrift geschäftsfähig sein. Grundsätzlich ist das jeder Volljährige – es sei denn, jemand ist aufgrund einer Gesundheitsbeeinträchtigung unfähig, die Folgen und Tragweite seines Handelns zu erkennen. Es gibt Fälle, in denen über die Geschäftsfähigkeit vor Gericht gestritten wurde. Vollmachtgeber können das ausschließen, wenn sie ihre Unterschrift bei einer Behörde odera einem Notar beglaubigen lassen.
Wer Bevollmächtigter werden soll
Die wichtigste Überlegung: Welcher Mensch hat das Vertrauen, um Angelegenheiten für einen zu regeln? Unter Umständen geht es um lebenswichtige Entscheidungen – etwa um lebensverlängernde Maßnahmen. Die oder der Bevollmächtigte sollte sich die Aufgaben auch zutrauen. Viele klären die rechtliche Vorsorge innerhalb der Familie, doch vielleicht wohnen die nahen Verwandten weit weg. Singlehaushalte nehmen zu. Freunde oder Nachbarn können ebenfalls als Bevollmächtigte geeignet sein.
Möglichkeiten der Gestaltung
Die Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig: Vollmachtgeber können eine Person alleine beauftragen. Möglich ist auch, für zwei Personen verschiedene Aufgaben festzulegen, etwa die Gesundheitssorge für die eine – und die Finanzen für die andere. Aus praktischen Gründen sollte es für jede Person ein eigenes Dokument geben.
Eine weitere Variante: Der Vollmachtgeber beauftragt zwei Bevollmächtigte und benennt eine Person als Ersatzbevollmächtigten. Der Ersatzbevollmächtigte soll erst einspringen, wenn der „erste“ Bevollmächtigte ausfällt, etwa aufgrund von Krankheit, Unfall oder Tod.
Vollmacht über den Tod hinaus
Die Vorsorgevollmacht kann über den Tod hinaus gelten, wenn Entsprechendes in der Vollmacht vermerkt ist. „Das ist sinnvoll, denn damit bleibt die Handlungsfähigkeit auch nach dem Tod erhalten“, sagt Markus Kühn, Rechtsanwalt aus Grafing im Kreis Ebersberg. Oft sei eine Person aus dem Kreis der Erben bevollmächtigt. Damit habe die Person auch über den Tod hinaus Zugriff auf das Vermögen, bis ein Erbschein erteilt ist. Wichtig: „Der Bevollmächtigte muss den Erben in der Regel Auskunft über seine Tätigkeit geben“, sagt Kühn.
Vorsorgevollmacht lässt sich ändern
Ändern sich die Lebensumstände oder Beziehungen, können Vollmachtgeber ihre Vorsorgevollmacht jederzeit ändern oder widerrufen. Wichtig ist, dass die Bevollmächtigten dann keinen Zugriff mehr auf das Original haben.
Zu Hause deponieren oder im Zentralregister
Die besten Dokumente helfen nicht, wenn sie im Ernstfall nicht gefunden werden. Die bevollmächtigte Person sollte wissen, wo die Vorsorgevollmacht liegt und wie sie ein Original bekommt. So kann das Original zum Beispiel in einem „Notfallordner“ in der Wohnung hinterlegt sein. Der Bevollmächtigte sollte im Notfall Zugang zur Wohnung haben.
Sinnvoll ist, die Existenz der Dokumente dem „Zentralen Vorsorgeregister“ der Bundesnotarkammer zu melden. Rund 4,7 Millionen Vorsorgeverfügungen sind registriert. Bevollmächtigte werden als Ansprechpartner eingetragen. Registriert wird auch, welche Dokumente es gibt: Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Betreuungsverfügung. Eine Onlineregistrierung kostet einmalig mindestens 13 Euro je nach Umfang. Auch eine schriftliche Meldung geht. Achtung: Die Dokumente werden nicht hinterlegt oder geprüft (mehr Informationen online unter vorsorgeregister.de oder kostenlos per Telefon unter 0800/3 55 05 00).
Ärzte rufen Betreuungsgericht an
Im Notfall, zum Beispiel wenn ein Patient ohne Ansprechpartner auf der Intensivstation liegt, rufen Ärzte das Betreuungsgericht an. Die Richter dürfen beim Register Tag und Nacht eine Abfrage stellen – das passiert etwa 20 000 Mal im Monat. Gut, wenn es dort einen Eintrag gibt. mm, sh
Weitere Informationen
gibt es im Vorsorge-Set der Stiftung Warentest. Dort steht auch, was welche Verfügung leistet und welche Fehler Betroffene unbedingt vermeiden sollten. Das Set ist erhältlich zum Preis von 14,90 Euro im Buchhandel und im Internet (www.test.de/vorsorge-set).