In der Corona-Krise sind die Bruttolöhne der Beschäftigten gesunken – im zweiten Quartal um 2,2 Prozent. Das ergab eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes. Wegen der Kurzarbeit, die viele Betriebe nutzten, um die finanziellen Folgen der Corona-Krise abzufedern, ging auch die Arbeitszeit zurück – und zwar im Schnitt um 4,7 Prozent. Dass der Bruttolohnverlust nicht höher ausfiel, liegt am Kurzarbeitergeld, das einen Großteil der Einkommensverluste netto wieder ausgleicht. Und nicht nur das. Auf die Arbeitsstunde gerechnet waren die Bruttoverdienste im zweiten Quartal sogar 2,6 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Besonders betroffen von der Krise waren Hotels und Pensionen (– 18 %) und die Automobilbauer (– 17 %).
Fette Jahre sind vorbei
Für heuer erwarten die Analysten des Gehaltsvergleichsportals gehalt.de noch ein Plus von 1,6 Prozent. Das klingt gut, doch Ende 2019 hatte man noch mit einem Plus von 2,9 Prozent gerechnet. Zum Vergleich: In den letzten zehn Jahren betrug die durchschnittliche Lohnsteigerungsrate 2,57 Prozent.
Dass heuer Löhne und Gehälter noch steigen, hängt mit den Gehaltsabschlüssen zusammen, die noch vor Beginn der Krise vereinbart wurden. Aktuell dominieren eher schlechte Nachrichten. Die Automobilbranche, normalerweise Deutschlands Konjunkturmotor Nr. 1, vermeldet fast täglich neue Hiobsbotschaften. Sonderzahlungen und Boni stehen auf der Kippe. Es gibt aber auch Berufsgruppen, die gute Aussichten haben, die Corona-Zeit vergleichsweise gut zu überstehen.
Lohn für die Helden
„Berufsgruppen mit hoher Tarifabdeckung, klar geregelten Ausbildungsanforderungen und starker Präsenz in der öffentlichen Diskussion werden die Aufmerksamkeit durch die Krise in Tarif- und Gehaltsverhandlungen nutzen können“, meint Philip Bierbach, Geschäftsführer von gehalt.de. Er geht davon aus, dass die Helden der Krise, das Pflegepersonal in den Krankenhäusern, heuer im Schnitt noch mit einem Gehaltsplus von 3,1 Prozent rechnen kann. In der Altenpflege (+ 2,6 Prozent) seien ebenfalls stabile Lohnsteigerungsraten zu erwarten. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen verdienen Pflegekräfte damit aber immer noch wenig (siehe Tabelle).
Wen trifft es hart?
Besonders drastisch sind die Auswirkungen auf die Tourismusindustrie. Eingeschränkte Reisemöglichkeiten und geschlossene Reisebüros sind der Grund, dass in der Branche die Löhne heuer nur um 0,9 Prozent steigen und es 2021 sogar zu einer flächendeckenden Stagnation kommen wird. Ein ähnliches Bild ergibt sich in der Automobilindustrie. Einen leicht positiven Trend erwarten die Experten in der IT-Branche, denn Fachkräfte wie Softwareentwickler werden nach wie vor gefragt sein. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung werden aber auch hier die Lohnsteigerungen geringer ausfallen als üblich (+ 1,7 Prozent). Das Gesamtgehalt (56 886 Euro) läge damit jedoch weiterhin im oberen Drittel unter den Gehältern.
Zuckerl fallen weg
Grundsätzlich gilt, dass Gehälter eigentlich nicht sinken, auch nicht in Krisenzeiten. Ausnahmen bilden die erfolgs- und leistungsabhängigen Bezüge oder das 13. Monatsgehalt. Und da sieht es düster aus: Beschäftigte quer durch alle Branchen müssen heuer damit rechnen, dass variable Gehaltsanteile gekürzt oder ganz gestrichen werden. Und wie geht’s weiter? „Die tatsächlichen Auswirkungen der Krise werden wir erst im nächsten Jahr zu spüren bekommen“, so Bierbach. Die für 2021 prognostizierte Steigerung von + 0,3 Prozent liegt aber immerhin knapp über dem Wert nach der Finanzkrise (2009: + 0,2 Prozent). Bierbach glaubt, dass Deutschland die Krise besser meistern wird als die Finanzkrise, „da es sich bei der Pandemie ja um keine Systemkrise“ handele.