Helmut S.: „In unserer Wohnanlage ist die Warmwasser-/Heizanlage defekt und muss repariert oder erneuert werden. Wir haben nur noch eine Ausnahmegenehmigung des Kaminkehrers bis Oktober. Die Hausverwaltung hat Angebote eingeholt. Nun muss eine außerordentliche Eigentümerversammlung stattfinden. Wegen Corona haben wir aber wegen der großen Zahl der Miteigentümer (150) ein Problem, einen so großen Saal zu finden, damit die Abstandsregeln eingehalten werden können. Eigentlich wäre in diesem dringenden Fall – die Heizung muss vor der kalten Jahreszeit wieder funktionieren und die Handwerker sind stark ausgelastet – eine rasche Entscheidung per Brief das Naheliegendste. Die Verwaltung sagt, dass eine briefliche Abstimmung praktisch unmöglich ist, da dann 100-prozentige Teilnahme nötig ist. Kann man in diesen besonderen Corona-Zeiten denn nicht davon eine Ausnahme machen?“
Dies ist ein Problem, mit dem derzeit viele Wohnungseigentümergemeinschaften zu kämpfen haben. Leider hat es der Gesetzgeber versäumt, eine Ausnahmeregelung zu treffen. Daher hat Ihre Verwaltung Recht, wenn sie sagt, dass ein Umlaufbeschluss eine hundertprozentige Beteiligung der Wohnungseigentümer voraussetzt. Dies gibt das Wohnungseigentumsgesetz vor. Dieses besagt, dass Beschlüsse auch im schriftlichen Umlaufverfahren ohne Eigentümerversammlung gefasst werden können, wenn alle Eigentümer ihre Zustimmung zu dem Beschluss erklären. Stimmt also auch nur ein Eigentümer mit „Nein“ oder gibt gar keine Stimme ab, ist der Beschluss nicht wirksam.
Ihre Verwaltung sollte aber, gegebenenfalls mit dem Beirat und unter Einholung von Rechtsrat, prüfen, ob nicht ein dringlicher Fall der Instandhaltung vorliegt. Sind nämlich unaufschiebbare Instandhaltungsarbeiten nötig, gibt das Wohnungseigentumsgesetz dem Verwalter das Recht, mit Vertretungsmacht für die Gemeinschaft die nötigen Maßnahmen zu treffen, ohne dass es eines Beschlusses der Gemeinschaft bedarf. Ob dies vorliegend möglich ist, kann ich leider nicht beurteilen, da dies sehr stark vom Einzelfall abhängt.
Alternativ besteht allerdings die Möglichkeit, dass der Verwalter bei der Einladung zur Eigentümerversammlung auf die pandemiebedingten Schwierigkeiten hinweist und darum bittet, die Eigentümer mögen doch der Verwaltung eine Vollmacht mit Abstimmungsvorgabe erteilen. In diesem Fall kann der Verwalter in der Eigentümerversammlung in Vollmacht für die abwesenden Eigentümer abstimmen, sodass, wenn überhaupt, nur ein kleiner Teil der Eigentümergemeinschaft vor Ort an der Versammlung teilnimmt. Im Idealfall kann der Verwalter so eine sogenannte Ein-Mann-Versammlung nur mit sich selbst abhalten. Diese Vorgehensweise hat allerdings einen Haken: Kommen doch zu viele Eigentümer selbst zur Versammlung, sodass der Saal nicht ausreicht, müsste die Versammlung wieder abgesetzt werden.