Die Liste der Risiko-Gebiete wird immer länger. Und schon bald soll es keine kostenlosen Corona-Tests mehr für Rückkehrer geben. Stattdessen sollen sich die Urlauber für 14 Tage in Quarantäne begeben – und die soll man frühestens durch einen Test ab dem fünften Tag nach der Rückkehr beenden können. Noch sind einige Fragen offen. Ministerpräsident Markus Söder etwa hat sich kritisch geäußert: Er will die Quarantäneverordnung erst in Bayern übernehmen, wenn auch die Kontrollen funktionieren. Und die Urlauber fragen sich: Was passiert, wenn ich nicht zur Arbeit gehen kann? Bekomme ich meinen Lohn? Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin, gibt die wichtigsten Antworten.
Muss mein Chef wissen, wo ich Urlaub mache?
Grundsätzlich geht das den Chef nichts an, sagt Bredereck. „Aber es kann Ausnahmen geben.“ Denn der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber allen Mitarbeitern und er muss auch sein Unternehmen schützen können. In sensiblen Bereichen wie etwa im Gesundheitsbereich könnte der Chef zumindest das Recht haben, zu erfahren, ob sein Mitarbeiter in ein Risikogebiet fahren wird. „Dazu gibt es noch keine Rechtssprechung“, erklärt der Anwalt. „Aber ganz unabhängig davon: Es ist doch auch im Interesse der Arbeitnehmer, dass es zum Beispiel in einem Altenheim nicht zu Masseninfektionen kommt.“ Bredereck rät deshalb grundsätzlich zur Ehrlichkeit.
Ich komme aus einem Risikogebiet und muss in Quarantäne: Bekomme ich weiterhin meinen Lohn?
Bisher mussten Reisende, die aus einem Risikogebiet zurückkehren und in Quarantäne gegangen sind, keinen Verdienstausfall befürchten. Der Staat ist in diesen Fällen eingesprungen. Bald soll es aber zu einer Rechtsänderung kommen: „Demnach bekomme ich keine Entschädigung, wenn ich wissentlich in ein Risikogebiet gereist bin“, sagt Bredereck.
Und wenn ich an Corona erkrankt bin?
„Sobald mein Arzt bescheinigt, dass ich arbeitsunfähig bin, bekomme ich Entgeltfortzahlung“, sagt Beredereck. „Das heißt: Wer bewusst in ein Risikogebiet fährt, etwa zum Ballermann, dort unvorsichtig ist und an Corona erkrankt, bekommt weiterhin sein Geld.“ Urlauber, die hingegen wissentlich in ein Risikoland gefahren sind und sich dort sehr vorsichtig verhalten, bekommen nichts, wenn sie bei der Rückkehr gesund in Quarantäne geraten. Bredereck: „Da hat der Gesetzgeber nicht zu Ende gedacht.“
Das Land, in dem ich Urlaub gemacht habe, wurde erst nach meiner Anreise zum Risikogebiet. Trage ich trotzdem die gleichen Konsequenzen?
In diesem Fall muss der Reisende trotzdem in eine 14-tägige Quarantäne – allerdings kommt der Staat weiterhin für den Verdienstausfall auf. „Ich sehe das dennoch kritisch“, sagt Bredereck. „Wenn jemand in Quarantäne muss, ist das einer der schärfsten Eingriffe in die Grundrechte.“ Ein milderes Mittel wäre es seiner Meinung nach, Reisen in Risikogebieten grundsätzlich zu verbieten.
Muss ich mir für meine Quarantäne Urlaub nehmen?
„Nein“, sagt Beredereck. „Grundsätzlich kann mich niemand dazu zwingen, Urlaub zu nehmen.“ Denn der sei für die Erholung da – und nicht für Infektionsschutzmaßnahmen.
Kann mir mein Arbeitgeber kündigen, wenn ich in ein Risikogebiet reise?
Nein. „Das ist in etwa so, als hätte man sich im Skiurlaub das Bein gebrochen“, sagt Bredereck, „und jetzt will einem der Chef Skiurlaube grundsätzlich verbieten, weil das ja noch mal passieren könnte.“ Der Arbeitgeber darf seinen Mitarbeitern nicht verbieten, sich in ihrer Freizeit selbst zu gefährden. „Anders wäre es, wenn es ein Reiseverbot für Risikoländer gebe. Daran könnte der Arbeitgeber anknüpfen.“
Habe ich einen Anspruch auf Homeoffice in der Quarantäne?
„Wenn man vorher schon ein Recht auf Homeoffice hatte, auf jeden Fall“, sagt Bredereck. „Natürlich gilt das nicht für Berufe, in denen man nicht von daheim aus arbeiten kann – etwa als Kfz-Mechaniker.“ Bei Mitarbeitern, die zwar im Homeoffice arbeiten könnten, in deren Betrieb es aber keine eindeutige Regelung dafür gibt, ist das vage: „Wenn da der Chef aus irgendwelchen Gründen nicht möchte, dass sein Mitarbeiter ins Homeoffice geht, muss er wahrscheinlich trotzdem weiterhin Lohn bezahlen.“ Umgekehrt gilt: Wenn die Arbeit im Homeoffice möglich ist, sollte sie auch geleistet werden –solange keine Corona-Symptome auftreten und die nötigen mobilen Geräte zur Verfügung stehen.
Darf mein Arbeitgeber einen Corona-Test von mir verlangen?
Das steht grundsätzlich den Behörden zu, sagt Bredereck. Aber der Chef hat Fürsorgepflichten – deshalb sollte ihn der Arbeitnehmer zumindest informieren, wenn er sich infiziert hat.