Erbt nur der gemeinsame Sohn?

von Redaktion

Ingrid Z.: „Mein Mann und ich haben ein Berliner Testament gemacht, mit der Klausel, dass nach dem Letztversterbenden unsere Kinder erben. Mein Mann ist vor zehn Jahren gestorben. Wir haben einen gemeinsamen Sohn und mein Mann einen Sohn aus vorheriger Ehe. Ich habe eine Tochter mit in die Ehe gebracht. Die Frage ist nun, erben alle Kinder oder nur der Sohn aus unserer gemeinsamen Ehe? Ich habe vor fünf Jahren ein Haus von meinen Eltern geerbt. Fällt das unter den gemeinsamen Nachlass?“

Es kommt darauf an, welche Vorstellung Sie und Ihr Ehegatte bei Testamentserrichtung hatten, ob unter „unsere Kinder“ nur der gemeinsame Sohn oder auch der Sohn Ihres Ehegatten aus der vorherigen Ehe und Ihre eingebrachte Tochter zu verstehen sind. Haben Sie im alltäglichen Sprachgebrauch zwischen dem gemeinsamen Sohn und dem Sohn aus erster Ehe Ihres Ehegatten und Ihrer eingebrachten Tochter unterschieden? Über einen ähnlichen Fall hatte das OLG Düsseldorf am 28. August 2018 (Az: 3 Wx 6/18) entschieden. Hier hatten die Eheleute im alltäglichen Sprachgebrauch zwischen den gemeinsamen Kindern und der eingebrachten Kindern differenziert, sodass das Gericht zu dem Ergebnis kam, dass nur die gemeinsamen Kinder die Erbschaft antreten sollten. Da Sie in Ihrem Testament „unsere Kinder“ und nicht „unser Kind“ erwähnen, wäre auch noch zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der Erstellung des Testaments die gemeinsame Familienplanung mit dem Sohn abgeschlossen war oder noch weitere Kinder geplant waren. Waren keine weiteren Kinder geplant, könnten mit „unsere Kinder“ auch die eingebrachten Kinder angesprochen sein.

Für den Fall, dass nur der gemeinsame Sohn als Schlusserbe bedacht werden soll, könnte jedenfalls Ihre in die Ehe eingebrachte Tochter Pflichtteilsansprüche geltend machen. Der von Ihrem verstorbenen Ehegatten eingebrachte Sohn hätte allerdings nach Ihrem Ableben keine Pflichtteilsansprüche.

Durch das Berliner Testament haben Sie die sogenannte Einheitslösung gewählt, nach der sich die Ehegatten gegenseitig zum alleinigen Vollerben einsetzen. Die Schlusserben der länger Lebenden erben den gesamten Nachlass (bestehend aus dem Vermögen von ihren verstorbenen Ehegatten und ihrem eigenen Vermögen) als „Einheit“ gemäß § 2269 BGB. Mithin fällt auch das Haus, das Sie von Ihren Eltern geerbt haben in den Nachlass.

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