Der lange Weg zurück in den Beruf

von Redaktion

VON MAIK HEITMANN

Sei es ein Herzinfarkt oder ein schwerer Unfall einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers: Dem Schock folgt oft eine lange Arbeitsunfähigkeit, aus der sich erst einmal wieder herausgekämpft werden muss. Wer sehr lange nicht arbeiten konnte, der kann zum Rückfallkandidaten werden, wenn er direkt wieder voll einsteigt. Ärzte, Krankenkassen und die Rentenversicherung haben für diese Fälle die „Wiedereingliederung“ entwickelt.

Wiedereingliederung

Arbeitnehmer, die sehr lange raus waren, sollen individuell, je nach Krankheit und bisheriger Dauer der Arbeitsunfähigkeit, schonend und kontinuierlich an die Belastungen ihres Arbeitsplatzes herangeführt werden – bei objektiv weiterbestehender Arbeitsunfähigkeit. Die Arbeitnehmer erhalten damit die Möglichkeit, ihre Belastbarkeit entsprechend ihrem Gesundheitszustand zu steigern. Bis zu sechs Monate kann eine solche Wiedereingliederungsphase dauern.

Individuelle Regelung

Gelingt es in dieser Zeit nicht, die (fast) volle Wiedereingliederung in den bisherigen Arbeitsablauf herzustellen, so ist eine Versetzung auf einen anderen geeigneten Arbeitsplatz im Betrieb zu prüfen. Letztlich kann am Ende einer Wiedereingliederungsphase auch eine Umschulung oder der Wechsel zu einer anderen Firma stehen. Dieses Verfahren kann nicht schematisch abgewickelt werden. Die dafür verabschiedeten Richtlinien sehen deshalb auch eine Zusammenarbeit zwischen dem Versicherten, seinem behandelnden Arzt, dem Arbeitgeber, dem Betriebsrat, dem Betriebsarzt und der Krankenkasse beziehungsweise dem Rentenversicherungsträger vor. Der Arzt schlägt vor, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer wieder tätig sein kann, und weist auf zu vermeidende Belastungen hin. So kann es sinnvoll sein, dass ein Arbeitnehmer anfangs nur drei Stunden zurück an den Arbeitsplatz kehrt, ein anderer dagegen wieder voll – dafür aber bestimmte Tätigkeiten nicht ausführt.

Bezahlung

Da weiterhin Arbeitsunfähigkeit vorliegt, zahlt die gesetzliche Krankenkasse beziehungsweise die gesetzliche Rentenversicherung das Krankengeld (Übergangsgeld) fort. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Beginn der Maßnahme auf eine bestimmte Vergütung für die geminderte Arbeitsleistung geeinigt – einen Anspruch darauf gibt es nicht –, so erhält der Mitarbeiter-Rekonvaleszent Teil-Arbeitsentgelt plus Teil-Kranken- oder -Übergangsgeld.

Fahrtkosten

An dieser Stelle kann ein Urteil des Sozialgerichts Dresden noch an Bedeutung gewinnen. Weil die Einkünfte in solchen Zeiten nicht hoch sind, ist es gut, auf der Ausgabenseite sparen zu können. In dem Fall beantragte ein Mann, der an einer Wiedereingliederung teilnahm, für die Dauer der Maßnahme von seiner Krankenkasse die Erstattung der Fahrkosten zum Arbeitsort. Er konnte sich in erster Instanz durchsetzen und für die (hier zehn Tage dauernde) Eingliederung Fahrkostenerstattung erzielen. Dabei muss er sich mit den Kosten für das günstigste öffentliche Verkehrsmittel begnügen, sodass unterm Strich 85 Euro erstattbar sein könnten. Denn: Die Krankenkasse ist in die Berufung gegangen (SG Dresden, S 18 KR 967/19).

Abbruch

Die Wiedereingliederung kann jederzeit abgebrochen werden, wenn der Arzt das vorschlägt oder der Arbeitnehmer das möchte (er braucht auch generell einer solchen „Stufen-Beschäftigung“ nicht zuzustimmen); in jedem Fall erhält er dann –weitere Arbeitsunfähigkeit vorausgesetzt – weiter Kranken- oder Übergangsgeld.

Arbeitgeberrecht

Der Arbeitgeber muss bereit und von den Arbeitsplätzen her imstande sein, entsprechende Wiedereingliederungen mitzutragen. Erklärt er, dass es ihm nicht möglich ist, einen Mitarbeiter unter Beachtung der ärztlich festgelegten Beschränkungen zu beschäftigen, so wird nichts aus der Maßnahme. Zur Teil-Beschäftigung des Mitarbeiters ist er nicht verpflichtet. Ob im Falle eines Falles die Krankenkasse oder der Rentenversicherungsträger leistungspflichtig ist, richtet sich nach der vorherigen Zeit des Leistungsbezugs. Nach einer Rehabilitationsmaßnahme ist es im Regelfall die Rentenversicherung. Vergleichbares gilt allerdings auch für die Berufsgenossenschaften als gesetzliche Unfallversicherungsträger, in speziellen Fällen sogar die Agentur für Arbeit. Inwieweit private Krankenversicherer in solchen Situationen mit Zahlungen einspringen, ergibt sich gegebenenfalls aus dem individuell mit dem Unternehmen geschlossenen Versicherungsvertrag.

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