Jeder 6. Beschäftigte in Bereitschaft

von Redaktion

VON HANS NAKIELSKI

Arbeit wird immer flexibler. Umso wichtiger ist es, die Regeln zu kennen. Wie werden Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaft vergütet? Was gilt als Arbeitszeit, was als Freizeit? Und darf der Chef seine Mitarbeiter im Notfall aus dem Urlaub zurückholen?

Bereitschaftsdienst

Krankenhausärzte oder Feuerwehrleute kennen das: Außerhalb ihrer regelmäßigen Arbeitszeit können sie zwar ihre Zeit nutzen, um zu lesen, fernzusehen oder zu schlafen. Sie müssen sich aber an der Arbeitsstelle oder einem Ort ganz in der Nähe, den der Arbeitgeber bestimmen kann, zur Verfügung halten, um bei Bedarf innerhalb kurzer Zeit einsatzbereit zu sein. Zeiten des Bereitschaftsdienstes zählen in vollem Umfang als Arbeitszeiten, die bezahlt werden müssen – auch wenn es während des gesamten Dienstes zu keinem Einsatz kommt. In vielen Tarifverträgen wird die Bezahlung von der „üblichen“ tatsächlichen Arbeitsleistung innerhalb des Dienstes abhängig gemacht.

Wenn etwa erfahrungsgemäß Arbeitnehmer im Durchschnitt während der Hälfte ihrer Bereitschaftszeiten zur Arbeit herangezogen werden, so besteht während der Bereitschaftszeit ein Anspruch auf 50 Prozent der normalen Stundenvergütung. Sobald ein Bereitschaftsdienstler aber zur Arbeit abberufen wird, beginnt seine normale Arbeitszeit – und damit auch die reguläre Entlohnung.

Rufbereitschaft

Auch dabei müssen sich Arbeitnehmer außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit für einen möglichen Arbeitseinsatz bereithalten. Hierbei können sie aber – anders als beim Bereitschaftsdienst – ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen. Sie müssen jedoch jederzeit erreichbar sein, zum Beispiel per Handy oder Piepser.

Da sie sich nicht im Betrieb oder in dessen Nähe aufhalten müssen, ist ihr Spielraum für persönliche Aktivitäten viel größer als beim Bereitschaftsdienst. Anders als Bereitschaftszeiten zählen Zeiten der Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeiten. Folglich werden sie auch wesentlich schlechter bezahlt. Üblich sind pauschale Vergütungen pro Rufbereitschaft – zum Beispiel in Höhe des zwei- oder vierfachen Stundensatzes. Bei Rufbereitschaften muss die Frist, innerhalb der die Arbeit aufgenommen werden muss, großzügig bemessen sein. 20 Minuten reichen dafür nicht. Sonst liegt nach mehreren Gerichtsurteilen keine Rufbereitschaft, sondern ein Bereitschaftsdienst vor.

Arbeit auf Abruf

„Du kommst nur dann, wenn etwas zu tun ist.“ Nach diesem Prinzip funktioniert die Arbeit auf Abruf. Die Lage der Arbeitszeit wird dabei variabel festgelegt. Dazu ist aber die ausdrückliche arbeitsvertragliche Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. Außerdem muss nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz die wöchentliche und tägliche (Mindest-)Arbeitszeit festgelegt werden. Geschieht dies nicht, gilt eine wöchentliche „Arbeitszeit von 20 Stunden“ beziehungsweise je Einsatztag eine Arbeitszeit „von mindestens drei aufeinander folgenden Stunden“ als vereinbart. Diese müssen dann auch bezahlt werden.

Der Arbeitgeber muss dem Beschäftigten „die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus“ mitteilen. Wenn dies nicht rechtzeitig geschieht, muss der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheinen.

Diese Form der Beschäftigung nach Arbeitsanfall findet sich häufig im Hotel- und Gaststättengewerbe und im Einzelhandel und betrifft fast ausschließlich Teilzeitkräfte.

Urlaub

Der Urlaub dient zur Erholung. Und die darf nicht beeinträchtigt werden. Das gilt jedenfalls für die 24 Urlaubs-Werktage (vier Urlaubswochen), die Arbeitnehmern nach dem Bundesurlaubsgesetz zustehen. Während dieser Tage darf das Diensthandy ausgeschaltet bleiben und auch dienstliche E-Mails können ignoriert werden. Klauseln in Arbeitsverträgen, wonach Beschäftigte auch an freien Tagen einmal täglich ihre Mailbox abrufen oder zu bestimmten Uhrzeiten erreichbar sein müssen, sind während der vierwöchigen Mindesturlaubszeit unwirksam (Bundesarbeitsgericht AZ.: 9 AZR 405/99).

An allen zusätzlichen, vom Arbeitgeber über den Mindesturlaub hinaus freiwillig gewährten Urlaubstagen kann es allerdings vertragliche Sonderregeln zur begrenzten Erreichbarkeit im Urlaub geben. Wenn es dadurch zur Erledigung von betrieblichen Anfragen und Aufträgen kommt, ist das Arbeitszeit, die vergütet oder durch einen zusätzlichen Urlaubstag ausgeglichen werden muss.

Ein Rückruf aus dem Urlaub ist nur in einem für die Firma existenzbedrohenden Notfall möglich – falls der Chef überhaupt die Urlaubs-Kontaktdaten hat, die ein Arbeitnehmer nicht hinterlassen muss. Als Notfall, der einen Rückruf rechtfertigt, gelten übrigens nicht Krankheitsfälle in der Belegschaft.

Mehr Informationen

Das sechsseitige Dossier zum Thema gibt es unter der Fax-Abrufnummer 09001/25 26 65 52 (1 Minute = 0,62 Euro) bis 22. Oktober 2020. Das Fax-Gerät auf „Polling“ oder „Sendeabruf“ stellen, Fax-Service-Nummer wählen und Starttaste drücken. Kein Fax? Senden Sie einen mit 0,95 Euro frankierten Rückumschlag plus 1,55 Euro in Briefmarken unter dem Stichwort „Immer bereit zur Arbeit“ an: Biallo & Team GmbH, Bahnhofstr. 25, 86938 Schondorf.

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