Renate B.: „Ich lebe in einer Seniorenresidenz mit Eigentumswohnungen, in der es bislang ein Café gab. Da sich dieses angeblich nicht mehr rentiert, wurde nun auf der letzten Eigentümerversammlung den Anwesenden mitgeteilt, dass das Café geschlossen wird und stattdessen dort ein Kinderhort entsteht. In den Räumen und auf der Freifläche sollen von 11.30 bis 17 Uhr 25 Kinder betreut werden. Alle Balkone sind auf das Café und den umliegenden Garten ausgerichtet. Die Balkone könnten wir tags gar nicht mehr nutzen. Natürlich brauchen die Kinder Platz zum Spielen, aber ausgerechnet dort? Die Anlage wurde ja unter völlig anderen Vorzeichen gebaut und an uns verkauft, nämlich als Seniorenwohnanlage. Was können wir tun?“
Um die Frage zu beantworten, ob Sie gegen die Nutzungsänderung von einem Café in einen Kinderhort vorgehen können, sollten Sie zunächst einen Blick in die Teilungserklärung der Wohneigentümergemeinschaft (WEG) werfen. Denn dort wird normalerweise geregelt sein, wie die betroffenen Räume genutzt werden dürfen (sogenannte Zweckbestimmung). So ist es möglich, dass vereinbart wurde, dass in den betroffenen Räumen nur ein Café betrieben werden darf. Dann würde die Nutzung als Kinderhort beispielsweise dieser Zweckbestimmung nicht unterfallen. Sie wäre dann unzulässig und Sie hätten einen Unterlassungsanspruch in Bezug auf die geplante Nutzung. Widerspricht die Nutzung eines Kinderhorts der Regelung in der Teilungserklärung, ist nämlich eine Nutzungsänderung ausschließlich dann möglich, wenn die Teilungserklärung durch eine Vereinbarung mit der Zustimmung aller Eigentümer entsprechend geändert wird.
Sollte die Nutzungsänderung demgegenüber von einer etwaigen Zweckbestimmung der Räume gedeckt sein, so haben Sie sie in der Regel zu dulden, wenn nicht ausnahmsweise die geplante Nutzung die übrigen Eigentümer unzumutbar beeinträchtigen würde. Dies gilt auch dann, wenn und obwohl ein Kinderhort als Nutzung beim Kauf der Immobilie noch nicht absehbar war.
Oft ist es eine Einzelfallentscheidung des Gerichts, ob eine Nutzungsänderung mit der Formulierung der Teilungserklärung übereinstimmt. Im Zweifel empfehlen wir Ihnen, sich rechtlich beraten zu lassen.
Fragen
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