Der Gemeinsame Bundesausschuss im Gesundheitswesen hatte die Ausnahmeregelung zur telefonischen Krankschreibung bereits vor der aktuellen Explosion der Corona-Infektionszahlem wiederbelebt. Bis 31. Dezember 2020 ist das für Arbeitnehmer möglich. Eine Verlängerung ins Jahr 2021 ist nicht ausgeschlossen.
Krankmeldung per Telefon
Die erste telefonische Krankschreibung kann bis zu sieben Kalendertage umfassen. Der Arzt ist verpflichtet, sich durch eingängiges Nachfragen am Hörer von der Erkrankung des Patienten ein Bild zu machen. Danach ist auch eine einmalige Verlängerung der Arbeitsunfähigkeitsbestätigung für weitere sieben Tage möglich. Erst danach muss der Patient sich persönlich beim Arzt vorstellen. Die Regelung soll – wegen der bevorstehenden Erkältungs- und Grippezeit sowie wegen steigender Corona-Neuinfektionen – mögliche Kontakte auf dem Weg in die Praxis oder im Wartezimmer vermeiden. Das Risiko soll gesenkt werden, sich oder andere anzustecken. Deswegen wird nicht nur Risikopatienten empfohlen, bei Bedarf die telefonische Krankschreibung zu wählen. Die Regelung soll auch dazu führen, dass ältere oder geschwächte Menschen ihren Arztbesuch nicht absagen, weil sie eine Ansteckung im Wartezimmer befürchten. Um einen Missbrauch der telefonischen Krankmeldung zu vermeiden, gilt die Möglichkeit nur für Atemwegserkrankungen – also insbesondere bei Verdacht auf Erkältung oder Grippe.
Sonderregelung gilt nicht für Corona
Wichtig: Die Sonderregelung gilt nicht bei Verdacht auf Corona. Dann sind Betroffene weiterhin angehalten, bei einem Arzt oder dem Gesundheitsamt anzurufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Inzwischen bieten viele Praxen Corona-Sprechstunden an, zu denen nur Personen kommen dürfen, bei denen der Verdacht auf Corona besteht.
Wer krank ist, muss heimgeschickt werden
Bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie haben sich schätzungsweise täglich mehr als vier Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland krankgemeldet. Umfragen des Deutschen Gewerkschaftsbundes haben außerdem ergeben, dass mehr als zwei Drittel aller Arbeitnehmer mindestens einmal im Jahr zur Arbeit ging, obwohl die Beschäftigten sich krank fühlten. Wohlgemerkt, in der Zeit vor Corona. Dabei hat der Arbeitgeber die Fürsorgepflicht, einen offensichtlich kranken Mitarbeiter nach Hause zu schicken – auch wenn der seinen Ehrgeiz nicht bremsen kann und arbeiten will.
Gelber Zettel wird abgeschafft
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung („Gelber Schein“) wird im Jahr 2022 durch ein elektronisches Verfahren ersetzt. Das steht im am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Bürokratieentlastungsgesetz III. Kranke müssen dann keinen Zettel mehr vorlegen. Die Arbeitgeber erhalten die Daten auf Abruf von der Krankenkasse.
Zuerst beim Arbeitgeber melden
Häufig streiten Arbeitgeber und Arbeitnehmer – auch gerichtlich – über eine ordnungsgemäße Krankmeldung. Denn viele gehen erst zum Arzt und informieren dann den Arbeitgeber. Das ist rein rechtlich nicht korrekt. Die Krankmeldung muss bei Dienstbeginn vorliegen – sonst verstoßen Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten. Wer das nicht macht, der muss mit einer Abmahnung rechnen. Wiederholt sich ein solches Fehlverhalten, so kann im schlimmsten Fall eine verhaltensbedingte Kündigung drohen.
Der Unterschied zum Attest
Die Krankmeldung ist von der Krankschreibung – also vom Attest – zu unterscheiden. Normalerweise muss der Arbeitnehmer spätestens nach drei Tagen dem Arbeitgeber ein Attest vom Arzt vorlegen. Wichtig: Es zählen nicht die Arbeits-, sondern die Kalendertage. Wer zum Beispiel an einem Freitag wegen Krankheit nicht zur Arbeit gehen kann, der muss die AU-Bescheinigung des Arztes am Montag vorlegen – vorausgesetzt, das Wochenende hat nicht ausgereicht, um sich zu erholen. Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2012 macht deutlich, dass Beschäftigte – wenn der Arbeitgeber das verlangt – schon am ersten Tag ein ärztliches Attest vorlegen müssen. Das Entgeltfortzahlungsgesetz erlaubt das den Arbeitgebern, falls im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde. Sie müssen nicht begründen, warum sie bereits so früh einen Krankenschein vorgelegt bekommen wollen. Vielmehr liege es in ihrem Ermessen, „dies auch ohne objektiven Anlass von ihren Mitarbeitern zu verlangen“, so das Gericht (AZ: 5 AZR 886/11).
Nicht immer gilt der dritte Tag
Das zeigt auch ein Fall aus dem Münchner Umland. Ein Lagerarbeiter meldete sich immer wieder für einen Tag krank. Daraufhin verlangte der Arbeitgeber, dass er künftig vom ersten Tag seiner Arbeitsunfähigkeit an ein Attest eines Arztes darüber vorzulegen habe. Und das, obwohl im Arbeitsvertrag stand, dass erst vom dritten Tag der Krankheit an eine „AU“ vorgelegt werden muss. Der Mitarbeiter folgte dem nicht und kassierte eine Abmahnung. Zu Recht, wie das Gericht bestätigt. Die Abmahnung muss nicht aus der Personalakte entfernt werden – zumal er zuvor nochmal eine letzte Ermahnung erhalten hatte (AZ: 4 Sa 514/18).