So schnell ist es Unfallflucht

von Redaktion

So mancher Autofahrer haut einfach ab, wenn er beim Parken ein anderes Auto touchiert hat. Das ist strafbar und kann teuer werden, warnt die Zeitschrift „Finanztest“. Mithilfe von Zeugen kommt die Polizei dem Unfallverursacher oft auf die Spur. Je nach Art und Höhe des Schadens drohen Geldbußen, Punkte in Flensburg oder sogar Entzug der Fahrerlaubnis. Wichtigster Tipp: Wer in einen Unfall verwickelt ist, sollte am Unfallort warten oder die Polizei rufen.

Die Strafen

Unfallflucht gilt als Straftat. Das kann teuer werden, je nach Schadenhöhe: Sachschaden unter 600 Euro: Geldstrafe, oft mehrere hundert Euro, oder Einstellung des Verfahrens und Zahlung einer Spende. Schaden bis 1300 Euro: Geldstrafe, oft ein Monatsnettogehalt. Dazu zwei Punkte in Flensburg sowie ein bis drei Monate Fahrverbot. Einige Gerichte setzen die Wertgrenze auch bei 1400 oder gar 1600 Euro an. Schaden über 1300 Euro: Strafe mehr als ein Monatsgehalt, drei Punkte, in der Regel Entziehung der Fahrerlaubnis. Bei Unfällen mit Verletzten oder Getöteten drohen Haftstrafen von mehreren Jahren. Für Führerscheinneulinge in der Probezeit kommen ein Aufbauseminar und eine Verlängerung der Probezeit hinzu.

Bei den Wertgrenzen zählen nur direkte Folgen des Unfalls wie Reparaturkosten, Abschleppen oder Wertverlust des Autos, nicht aber Mietwagen, Gutachter, Verdienstausfall. Bei Kleinigkeiten können die Behörden davon absehen, die Sache als Unfallflucht zu verfolgen. Meist gilt eine Grenze von 20 bis 25 Euro. Aber auch wenn es nur eine Bagatelle ist, muss man den Schaden bezahlen.

Die Ausreden

Die Ausrede „Ich habe nichts bemerkt“ gilt als klassische Schutzbehauptung. Richter bohren dann nach. Meist wird ein Gutachter beauftragt – oft mit dem Ergebnis, dass auch eine leichte Kollision fühlbar oder hörbar war.

Eine 76-Jährige musste zum Beispiel 750 Euro Strafe bezahlen. Sie hatte beim Ausparken ein Auto berührt: 411 Euro Schaden. Dass sie den Anstoß mit dem Klappern des Rollstuhls im Kofferraum verwechselt hatte, nahm das Gericht ihr nicht ab. Mit ihrer Ausrede hatte die Frau auch zugegeben, dass sie am Steuer gesessen hatte. Es kann sein, dass ein Anwalt geraten hätte, keine Aussage zu machen, wer gefahren ist. Man hat das Recht zu schweigen.

Vor allem, wenn man ausgestiegen ist, um nachzusehen, ist „nichts bemerkt“ keine gute Taktik. Eine Audi-Fahrerin hatte beim Ausparken den Nachbar-Pkw erwischt. Sie stieg aus, sah nach und fuhr dann weg. Ihrer Erklärung, sie habe nicht nach dem fremden Auto geschaut, sondern ihr Handy gesucht, glaubte das Amtsgericht Rheinbach nicht: zwei Monate Fahrverbot (Az. 15 Ds 121/18).

Zettel und Wartezeit

Ist der Parkrempler passiert, sollte man warten, bis der Geschädigte kommt oder die Polizei rufen. „Es reicht nicht, einen Zettel unters Wischerblatt zu klemmen“, erklärt Rechtsanwalt Gülpen. „Der Wind könnte das Papier wegwehen.“ Es könnte also jeder später behaupten, seine Adresse hinterlassen zu haben. Warten muss man in der Regel mindestens etwa 30 Minuten, sicherer sind 60 Minuten. Kürzer darf das Warten ausfallen, wenn absehbar ist, dass niemand kommt, wie nachts auf einer Landstraße. Das Oberlandesgericht Dresden fand zehn Minuten genug, als ein Mann nachts um 2.30 Uhr gegen eine Leitplanke gefahren war. Bei Schneefall musste er sich nicht der Gefahr aussetzen, länger auf dem Standstreifen der Autobahn anzuhalten (Az. 4 U 447/18). Danach muss man sich aber bei der Polizei melden, am besten sofort per Handy.

Späte Meldung

Dass es reicht, den Schaden binnen 24 Stunden zu melden, ist ein Irrtum. Die späte Meldung gilt lediglich als „tätige Reue“, sodass die Behörde die Strafe mildern kann. Das geht aber nur, wenn der Vorfall im ruhenden Verkehr passierte, etwa ein Parkrempler, und wenn der Schaden unter 1300 Euro liegt.

Bagatellen

Bei Bagatellen kann die Wartepflicht ganz entfallen. Eine 83-Jährige, die einen Baum touchiert hatte und dann nach Hause fuhr, um von dort in Ruhe ihre Versicherung anzurufen, bekam vorm Landgericht Magdeburg Recht. Der Baum hatte nur kleine Kratzer, die bei Straßenbäumen üblich sind (Az. 11 O 1063/ 19). Ähnlich ist es, wenn man eine Leitplanke berührt und nur kleine Kratzerchen verursacht, die ebenso gut von Rollsplit herrühren könnten.

Die Versicherung

Weniger gnädig ist die Kfz-Versicherung. Der Vertrag verpflichtet Autofahrer, bei der Klärung des Sachverhalts zu helfen. Unfallflucht ist das Gegenteil, weil dann nicht mehr geprüft werden kann, ob Alkohol im Spiel war. Der Vollkaskoversicherer darf dann die Zahlung kürzen, so das Oberlandesgericht Oldenburg (Az. 3 U 2/03). Man muss den Unfall sofort melden, damit der Versicherer prüfen kann, ob grobe Fahrlässigkeit vorlag. In dem Fall betrug der Fremdschaden nur 270 Euro. Die Reparatur des eigenen Autos kostete 9100 Euro. Darauf blieb der Mann sitzen.

Zusätzlich macht die Kfz-Haftpflichtversicherung Ärger. Zwar zahlt sie den Schaden am fremden Auto. Doch sie darf bis 2500 Euro zurückfordern, in schweren Fällen bis zu 5000 Euro. Das Gleiche gilt, wenn der Fahrer Spuren verwischt oder falsche Angaben macht (Oberlandesgericht Celle, Aktenzeichen 8 U 79/09).

Der eigene Schaden

Wer zahlt meinen Schaden? Die Opfer von Fahrerflucht bleiben meist auf ihrem Schaden sitzen. Wer eine Vollkasko hat, kann sie in Anspruch nehmen. Sie stuft danach jedoch den Schadenfreiheitsrabatt zurück. Das kann über die nächsten Jahre einige tausend Euro kosten. Kleinere Schäden zahlen Opfer daher besser selbst.

Was tun?

Wer an einem Unfall beteiligt ist, sollte vor Ort auf den Geschädigten warten oder umgehend die Polizei verständigen. Geschädigte sollten ebenfalls die Polizei benachrichtigen, wenn der Täter weggefahren ist. Auch der Vollkaskoversicherung muss man Bescheid geben. Es kann sich später zeigen, dass der Schaden teurer ist als auf den ersten Blick vermutet.

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