Immobilien galten schon immer als krisenfest – und auch jetzt hat sich gezeigt, dass die Immobilienwirtschaft als Gewinner aus der Pandemie hervorgehen kann. „Es schaut fast so, aus als hätte es Corona nie gegeben“, sagt Stephan Kippes, Instituts-Chef des Maklerverbands IVD. „Die Preisspirale bewegt sich in Bayern auch im Herbst weiter nach oben.“
Branche boomt
Der neueste IVD-Marktbericht zeigt sogar: Der Immobilienmarkt boomt wie noch nie. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres sind in Bayern 47 Milliarden Euro in die Branche geflossen – das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. „Vor allem im ersten Quartal hatten wir einen bemerkenswerten Sprung“, sagt Kippes. „18,7 Milliarden – das ist so stark wie noch nie.“
Speziell im Münchner Umland spitzt sich die Wohnsituation zu. Die Corona-Krise treibe immer mehr Menschen aufs Land, heißt es vom IVD. Weil immer mehr im Homeoffice arbeiten, würden Menschen weniger Wert auf kurze Arbeitswege legen – gleichzeitig wachse der Wunsch nach mehr Platz in den eigenen vier Wänden. Wer nur noch an zwei, drei Tagen ins Büro muss, ist offenbar bereit, längere Arbeitswege in Kauf zu nehmen. Vor allem im Münchner Süden sei die Stadtflucht ein großes Thema, sagt Alexander Neubauer, Immobilienmakler aus Rosenheim. „Die Menschen schätzen offenbar immer mehr die Nähe zu den Bergen“, sagt er. „Die Nachfrage bleibt ungebrochen. Dazu bieten die Banken sensationelle Konditionen an, die die Leute auch gern annehmen.“
Bauland fehlt
Allerdings fehlt laut IVD in vielen Umland-Gemeinden das entsprechende Bauland –oder auch die Bereitschaft, Bauland zu schaffen – die Nachfrage übersteige dadurch weit das Angebot. „Der Trend geht dahin, dass die Leute gerne kaufen würden“, so Neubauer, „aber oft dazu gezwungen werden, sich eher auf die weniger stark steigenden Mietpreise einzulassen – anstatt auf die rapide steigenden Kaufpreise.“
Die höchsten Anstiege verzeichnen die Baugrundpreise in Bayern. Allein seit Frühjahr sind sie laut IVD für Einfamilienhäuser um acht Prozent gestiegen. Bis auf Reihenmittelhäuser verteuerten sich außerdem die Preise für Häuser und Wohnungen um fünf bis sechs Prozent.
In Oberbayern liegt der Anstieg für Baugrundpreise bei fünf Prozent. Auch bei den Objekt-Preisen geht es stetig nach oben: Reihenmittelhäuser, Doppelhaushälften und Eigentumswohnungen sind in Oberbayern etwa 3,5 Prozent teurer als vor einem halben Jahr. Für ein freistehendes Einfamilienhaus (guter Wohnwert) zahlt man im Schnitt 1,068 Millionen Euro. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Preise mehr als verdoppelt.
Vor allem in München bleibt der Markt angespannt. „Der Preisauftrieb verliert aktuell nicht an Schwung“, sagt Kippes. Aktuell zahle man rund 8000 Euro pro Quadratmeter für eine Eigentumswohnung (Bestand) – das ist im Vergleich zum Frühjahr ein Anstieg von 3,2 Prozent. Ein Einfamilienhaus (guter Wohnwert) in der Landeshauptstadt koste im Schnitt 1,9 Millionen Euro – 100 000 Euro mehr als im Frühjahr. Kippes sagt aber auch: Die Immobilienpreise in Bayern können nicht ewig steigen. „Die Dynamik wird nicht ungebremst weitergehen“, prognostiziert er. Irgendwann sei der Zenit erreicht.
Gewerbe unter Druck
Im gewerblichen Immobilien-Bereich habe es bereits jetzt einen Umschwung gegeben. „Klare Verlierer sind Einzelhandelsimmobilien“, heißt es in dem Bericht. Geschäfte leiden unter dem Teil-Lockdown. Auch Büroimmobilien könnten es zukünftig schwerer haben, sollte das Homoffice auch langfristig zum Berufsalltag gehören.