Zwei unvorhersehbare und auch einmalige Ereignisse haben das Börsenjahr 2020 bestimmt: das Corona-Virus mit seinen massiven Folgen auch für die Wirtschaft. Und die erste Pleite eines Unternehmens aus dem Kreis der 30 wichtigsten im Deutschen Aktienindex Dax gelisteten Unternehmen.
Corona und die Pleite von Wirecard – obwohl es hier schon länger Spekulationen gab – hatten die Experten bei ihren Prognosen für den Dax Ende 2019 nicht im Blick. Und waren denn zum größten Teil zu optimistisch: Zwischen 13 200 und 14 000 Zähler trauten sie dem Index bis zum Jahresende zu. Im Übrigen auch trotz Brexit und trotz des Handelsstreits zwischen den USA und China. Vor Corona verbuchte der Dax am 17. Februar mit 13 795 einen neuen Höchststand. Dann ging es rasant nach unten. Nach dem Ausbruch der Pandemie und dem ersten Lockdown im März stürzte das Börsenbarometer um 40 Prozent auf 8255 Zähler ab. Umso erstaunlich war die Entwicklung in den Wochen und Monaten danach: Bis kurz vor Weihnachten legte der Dax um mehr als 60 Prozent zu. Um nach den Feiertagen am 28. Dezember mit 13 818,65 Zählern und einen Tag später mit 13 903,11 Punkten neue Höchststände zu melden. Das Jahr beschließt der Dax mit 13 718,78 Punkten. Auf Jahressicht ist das ein Plus von rund 3,5 Prozent.
Mindestens ebenso erstaunlich ist die Entwicklung in der zweiten und dritten Börsen-Reihe, dem MDax und dem SDax mit den mittelgroßen und kleineren Werten. Der MDax hat mehrere Rekorde erreicht und auf Jahressicht sogar um knapp 8,8 Prozent zugelegt. Der SDax kletterte sogar um 18 Prozent.
Die Wirecard-Aktionäre aber sind die größten Börsen-Verlierer in diesem Jahr. Im Februar stand der Kurs der Aktie bei gut 145 Euro, nach der Pleite Ende Juni waren es nur noch 2,95 Euro und aktuell dümpelt der Wert bei nur noch rund 0,30 Cent. Aus dem Dax ist die Aktie verschwunden, ersetzt durch den Essenlieferanten Delivery Hero. Aber auch andere Gesellschaften bescherten ihren Eigentümern massive Verluste: Epigenomics minus 73 Prozent, Grenke Leasing gut 60 Prozent, Hugo Boss minus 37 Prozent, Metro und Fraport minus 35 Prozent, Lufthansa minus 34 Prozent. Im Dax bilden Bayer und Fresenius mit Einbußen von 33 und 24 Prozent die beiden Schlusslichter. Umgekehrt können sich viele Aktionäre aber auch freuen. Gewinner im Dax ist Delivery Hero mit einem Plus von fast 80 Prozent. Infineon bringt es auf rund 55 Prozent, Merck auf 32 Prozent. Und sogar die Deutsche Bank gehört mit plus 30 Prozent zu den Gewinnern des Börsenjahres. 16 der 30 Dax-Firmen konnten den Kurs steigern. Die großen Gewinner gehören allerdings nicht zum wichtigsten Börsenbarometer. Im MDax steht die Aktie des Kochboxen-Anbieters HelloFresh mit einem Plus von 240 Prozent an der Spitze. Im SDax gab es noch größere Gewinner. Da stehen zwei Online-Möbelhändler ganz vorne. Westwing bringt es auf ein sagenhaftes Kurs-Plus von 830 Prozent, Home24 auf fast 360 Prozent. Insgesamt verbuchen 17 Papiere im knapp 320 Werte umfassenden Prime Standard der Börse einen Zuwachs zwischen 100 und rund 280 Prozent. ROLF OBERTREIS