Gegen das Coronavirus impfen lassen oder nicht? Das ist bislang immer Entscheidung des Einzelnen. Können am Arbeitsplatz Ausnahmeregeln gelten? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Können Arbeitgeber von ihren Beschäftigten eine Corona-Impfung verlangen?
Grundsätzlich nicht. „Die Impfung bedeutet einen starken Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen des Arbeitnehmers. So etwas ginge nur auf der Basis einer gesetzlichen Pflicht“, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Der Gesetzgeber habe sich bei der Corona-Schutzimpfung bewusst gegen eine solche Pflicht entschieden. Nur wenn sich das in Zukunft ändern sollte und sich der Gesetzgeber für eine Impfpflicht entscheidet, würde sich auch die Bewertung der Verpflichtung im Arbeitsverhältnis ändern, erklärt der Fachanwalt.
Drohen Konsequenzen, wenn man keine Impfung hat?
Da es keine Impfpflicht gibt, könne der Arbeitgeber keine Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen, die nicht geimpft sind oder es nicht vorhaben. Das erklärt der Deutsche Gewerkschaftsbund. Der Arbeitgeber bleibe arbeitsvertraglich zur Beschäftigung verpflichtet, unabhängig davon, ob ein Beschäftigter geimpft ist oder nicht.
Wie sieht es für Beschäftigte in Gesundheitsberufen aus – etwa Pflegepersonal oder Ärzte?
Aufgrund der besonderen Gefährdungssituation in diesen Berufsgruppen habe der Arbeitgeber hier grundsätzlich weitreichendere Befugnisse, erklärt Bredereck. Aber: „Für einen Zwang zur Impfung reichen auch diese ohne gesetzliche Regelung nicht.“ Es kann dem Arbeitsrechtler zufolge allerdings sein, dass der Arbeitnehmer ohne Impfung nicht beschäftigt werden darf und damit auch seinen Anspruch auf Arbeitsvergütung verliert. Ihm könnte dann außerdem eine personenbedingte Kündigung drohen, soweit er ohne Impfung für die Ausübung seines Berufes nicht geeignet ist. „Das muss man dann analog zum Kraftfahrer, der seinen Führerschein verliert, betrachten.“
Müssen Beschäftigte ihrem Arbeitgeber mitteilen, ob sie gegen das Coronavirus geimpft sind?
Arbeitnehmer müssen das nicht proaktiv tun, erklärt Bredereck. Anders kann es aussehen, wenn der Arbeitgeber fragt. Da er auch für die Gesundheit der übrigen Arbeitnehmer zu sorgen hat und die Frage insoweit maßgeblich ist, dürfte eine entsprechende Frage des Arbeitgebers zulässig sein, so die Einschätzung des Fachanwalts. Damit müsste diese auch wahrheitsgemäß beantwortet werden.
Der DGB sieht das etwas anders. Dort heißt es, dass Arbeitnehmer keine Auskunft zu der Frage schulden. Impfen sei Privatsache der Beschäftigten – ausgenommen die gesetzlich geregelte Masernimpfpflicht, die etwa für Beschäftigte in Kitas gilt.
Kann der Arbeitgeber Zugang zu bestimmten Bereichen verweigern, wenn Arbeitnehmer nicht geimpft sind? Zum Beispiel zur Kantine?
Das sei immer eine Einzelfallentscheidung, erklärt Bredereck. Der Arbeitgeber benötige ein konkretes Interesse daran, dass ein Arbeitnehmer keinen Zutritt bekommt. „Wenn die allgemeinen Maßnahmen – etwa Abstandsregelung, Maskenpflicht, Homeoffice ausreichend sind, sehe ich das nicht“, so der Fachanwalt. Laut Bredereck könnte es Ausnahmen geben, wenn es um den Zutritt zu Orten mit „speziellem Gefahrenpotenzial“ geht, zum Beispiel zur Kantine. Der Arbeitgeber dürfe aber auch hier den Zutritt nicht willkürlich verweigern, sondern nur wenn dies gesetzlich vorgegeben oder im Rahmen des betrieblichen Gefahrenmanagements vorgesehen ist.
Darf der Arbeitgeber Anreize für Geimpfte schaffen – etwa in Form eines Impfbonus?
Das dürfte laut Fachanwalt Bredereck zulässig sein. „Der Arbeitgeber hat ein nachvollziehbares Interesse an der Impfung, der Arbeitnehmer gibt eine grundrechtlich geschützte Position auf. Warum soll es dafür nicht eine Gegenleistung geben?“ Der Fachanwalt sieht hier aber künftig noch viel Konfliktpotenzial.
Darf ein Arbeitgeber anordnen, dass Beschäftige eine Maske tragen?
Ja. Der Gesundheitsschutz wiegt schwerer als der Wunsch des Einzelnen, ohne Maske oder Gesichtsvisier zu arbeiten. Auf eine entsprechende Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg weist der DGB Rechtsschutz hin (Az.: 4 Ga 18/20).
Im verhandelten Fall arbeitete der Kläger als Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus. Im Mai 2020 hatte sein Arbeitgeber angeordnet, dass Beschäftigte und Besucher Mund-Nasen-Bedeckungen tragen sollen. Der Mann legte daraufhin ein Attest vor, das ihn pauschal von der Maskenpflicht befreite. Ohne Gesichtsbedeckung wollte der Arbeitgeber den Mann aber nicht im Rathaus beschäftigen. Der Kläger beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung, doch das Gericht wies die Anträge ab. Der Gesundheits- und Infektionsschutz der Mitarbeiter und Besucher sei höher zu werten als der Wunsch des Klägers.
Außerdem bemängelte das Gericht die Atteste des Mannes. Sie müssten nachvollziehbar darlegen, warum die Person keine Maske tragen könne. In den Attesten des Klägers hatten keinerlei Gründe gestanden.