Gilt der Pflichtteilsverzicht? Und geht es ohne Notar?

von Redaktion

Roberta A.: „Meine Eltern haben ein Berliner Testament in dem ich als einzige Tochter einen Pflichtteilsverzicht im Falle des Todes einer der beiden unterzeichnet habe. Nun ist meine Mutter vor zwei Jahren verstorben und mein Vater der alleinige Erbe. Im Anschluss waren wir beim Notar und nach einer Beratung haben wir dort gemeinsam einen Rücktritt vom Pflichtteilsverzicht unterzeichnet. Das heißt doch jetzt, dass ich als alleinige Tochter den Anspruch auf den Pflichtteil wieder erworben habe. Wann wird der Pflichtteil ausbezahlt? Was genau ist die Bemessungsgrundlage des Pflichtteils, welcher mir zusteht?“

Grundsätzlich kann ein Pflichtteilsverzicht nach dem Tod des Erblassers nicht mehr rückgängig gemacht werden. Nur zu Lebzeiten Ihrer Mutter hätten Sie mit ihr den Rücktritt vom Pflichtteilsverzicht vereinbaren können, jedoch nicht mehr nach dem Tod Ihrer Mutter mit Ihrem Vater. Da Sie auch mit Ihrem Vater einen Pflichtteilsverzichtvertrag geschlossen haben, könnten Sie nur mit ihm einen Rücktritt von diesem Vertrag vereinbaren, der allerdings dann nur wieder im Hinblick auf die Erbfolge nach seinem Tod Wirkung entfaltet. Jedenfalls im Hinblick auf den Nachlass Ihrer jetzt verstorbenen Mutter würde ein solcher Rücktrittsvertrag mit Ihrem Vater nichts helfen, sodass Ihnen eigentlich kein Pflichtteil daran zusteht.

Es sei denn, Ihr Vater hat mit Ihnen einen (notariellen) Schenkungsvertrag gemacht, mit dem Inhalt, dass er Ihnen einen Geldbetrag in Höhe des Pflichtteils am Nachlass Ihrer Mutter schenkt. Da er Alleinerbe geworden ist, kann er über den Nachlass Ihrer Mutter auch verfügen, ihr Nachlass hat sich mit seinem Vermögen „vereint“. Die Höhe der Schenkung bemisst sich danach, wie hoch Ihr Pflichtteilsrecht nach Ihrer Mutter ist, was wiederum davon abhängt, in welchem Güterstand Ihre Eltern gelebt haben. Unterstellt, dass Ihre Eltern im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, würde ihr Pflichtteilsrecht ein Viertel am Nachlass Ihrer Mutter betragen. Den Anspruch auf Auszahlung Ihrer Schenkung müssten Sie innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des Schenkungsvertrages geltend machen, wobei die Frist mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Schenkungsvertrag geschlossen wurde. Schenkungssteuerrechtlich ist allerdings zu sehen, dass eine solche Schenkung von Ihrem Vater erfolgte und nicht von Ihrer Mutter; insofern ist der schenkungssteuerrechtliche Freibetrag gegenüber Ihrer Mutter nicht ausgenutzt worden.

Theresia C.: „Vor sieben Jahren habe ich meinem ältesten Sohn mein kleines Wohnhaus auf Nießbrauch beziehungsweise Überlassungsvertrag übergeben. Als Ausgleich muss er nach meinem Ableben innerhalb von fünf Jahren seinem Bruder 70 000 Euro auszahlen (notariell vereinbart). Nun möchte ich den Absatz ,innerhalb von fünf Jahren’ ändern, sodass mein zweiter Sohn die Gesamtsumme gleich nach meinem Ableben erhält. Muss ich dafür die Änderung wieder beim Notar vornehmen oder kann ich das schriftlich hinterlegen (mit meiner Unterschrift und der meiner beiden Söhne)?“

Nach dem Gesetz ist ein Vertrag über die Verpflichtung zur Übertragung oder zum Erwerb eines Grundstückes formbedürftig und bedarf der notariellen Beurkundung. Wurde die vorgeschriebene Form nicht eingehalten, so ist der Vertrag nichtig. Nach der Rechtsprechung gilt, dass auch Änderungen oder Ergänzungen zu einem solchen Grundstücksvertrag grundsätzlich der notariellen Beurkundung bedürfen, mit der Rechtsfolge, dass die Änderungsvereinbarung, die dem Formerfordernis nicht entspricht, nichtig ist. Ausgenommen hiervon sind Änderungen, die zwischen den Parteien vereinbart wurden, nachdem die Eigentumsumschreibung im Grundbuch vollzogen wurde, es sei denn, dass der Vertrag selber eine bestimmte Form vorschreibt oder die Änderung ihrerseits wieder formbedürftig wird, weil sie eine neue (Rück-)-Übertragungspflicht begründet, eine bestehende (Rück-)-Übertragungspflicht verschärft oder ausweitet oder ein Anwartschaftsrecht aufhebt. Da in Ihrem Fall die Grundstücksübertragung auf Ihren ältesten Sohn bereits vor sieben Jahren stattfand und damit auch die Eintragung ins Grundbuch erfolgt ist, und inhaltlich die Verkürzung der Frist von fünf Jahren für die Ausgleichszahlung Ihres älteren Sohnes an seinen Bruder insbesondere keine Rückübertragungsverpflichtung begründet, ist die privatschriftliche Form (hier: Unterschrift) – wie Sie es geplant haben – ausreichend.

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