Massenhafte Schnell- und Selbsttests sollen helfen – trotz wieder leicht steigender Infektionszahlen – Erleichterungen für Bürger, Geschäftsleute und Kulturschaffende zu ermöglichen. Schon ist die Rede vom „Freitesten“, wenngleich dieser Ausdruck ein bisschen zu viel verspricht. „Selbsttests sind keine Wunderwaffe“, warnt das Robert- Koch-Institut (RKI). Ein negatives Ergebnis sei eine Momentaufnahme und schließe eine Infektion nicht aus, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. Deshalb sei es wichtig, sich und andere auch weiter durch Abstandhalten, Maskentragen, Hygiene und Lüften zu schützen. Ein positives Ergebnis muss laut Gesundheitsministerium durch einen PCR-Test überprüft werden. Insbesondere Schnelltests seien Wieler zufolge aber ein Werkzeug bei der Eindämmung der Pandemie. Positiv sei, dass mehr Infektionen aufgedeckt würden.
Was ist der Unterschied zwischen Schnelltests und Selbsttests?
Ab kommendem Montag sollen für jeden Bürger ein Mal pro Woche kostenlose Schnelltests zur Verfügung stehen. Diese sollen laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in lokalen Testzentren erfolgen, welche die Kommunen mit Partnern organisieren. Ein negatives Testergebnis wird per Zertifikat bestätigt – etwa für den Zugang zu Pflegeheimen und womöglich demnächst auch zu Veranstaltungen. Zudem sollen das Personal in Schulen und Kitas sowie Schülerinnen und Schüler in jeder Präsenzwoche mindestens einen kostenlosen Schnelltest erhalten. Spahn warb aber gleich um Verständnis dafür, wenn die Tests nicht von Beginn an sofort und überall verfügbar sein sollten, weil die Infrastruktur noch aufgebaut werden müsse. Grundsätzlich jedoch gebe es keine Engpässe: „Von diesen Schnelltests sind mehr als genug da“, sagte er am Freitag. Daneben gibt es durch Dritte vorgenommene Selbsttests und die nun neu zugelassenen Selbst- oder Eigentests, die jeder alleine machen kann. Tests von sieben Herstellern sind mittlerweile zugelassen. Voraussetzung für die Zulassung war vor allem, dass auch Menschen ohne medizinische Fachkenntnisse den Test korrekt anwenden können. Dabei spielt die Gebrauchsanweisung eine große Rolle (siehe den Bericht über den Selbstversuch unten). Welcher Test jeweils zur Anwendung kommt, liegt laut Spahn an der jeweiligen Situation.
Wo gibt es die Selbsttests, und was kosten sie?
Erste Corona-Schnelltests zur Selbstanwendung sollen am heutigen Samstag in Deutschland in den freien Verkauf kommen. Aldi kündigte an, dass Kunden die in Deutschland produzierten Tests dann an der Kasse bekommen können. Zunächst ist die Abgabemenge auf eine Packung pro Kunde begrenzt. Eine Packung kostet rund 25 Euro. Sie enthält fünf Tests, deren Ergebnis nach dem Nasenabstrich in 15 Minuten vorliegen soll. Die Erkennungsrate liegt den Angaben zufolge bei 96 Prozent. Auch Discounter-Konkurrent Lidl und die Supermärkte von Rewe und Edeka haben das Thema auf dem Schirm. Die Drogeriemarktketten Rossmann und dm wollen mit dem Verkauf am nächsten Dienstag beginnen. Apotheken wollen die Produkte ebenfalls anbieten.
Wie funktioniert der Selbsttest?
Die zugelassenen Tests, etwa von Siemens Healthineers, Technomed oder Lissner Qi, erfordern einen Abstrich im vorderen Nasenbereich. Das ist nicht sonderlich angenehm, wird aber von den meisten als wesentlich weniger unangenehm empfunden als der Rachen- oder Nasen-Rachen-Abstrich beim PCR-Test. Experten wie die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek sehen bei der Handhabung durch Laien wenig Probleme: Sie glaube, einen Abstrich aus der vorderen Nase bekomme jeder hin – wenn er wisse, wie er das machen solle, sagte Ciesek im NDR-Podcast „Coronavirus-Update“. Andere Varianten wie Gurgel- und Spucktests werden aktuell erprobt und bewertet.
Was tun, wenn der Selbsttest ein positives Ergebnis anzeigt?
Bei einem positiven Selbsttest-Ergebnis sollte man sich sofort isolieren und zusehen, dass man schnell das Gesundheitsamt oder seinen Hausarzt kontaktiert, um das Testergebnis mit einem PCR-Test, der weiterhin als „Goldstandard“ gilt, zu bestätigen.
Und wenn das Ergebnis negativ ist?
Ein negatives Ergebnis ist kein Freibrief für lange Umarmungen und enges Zusammensein – man sollte auch dann weiter auf Hygieneregeln achten. Denn die Tests sind nicht zu 100 Prozent verlässlich. Sie schlagen am besten bei einer hohen Virenlast an. Das heißt: Menschen, die stark ansteckend sind, erkennen sie recht zuverlässig. Doch Infizierte mit geringer Virenlast – zu Beginn oder beim Abklingen der Erkrankung – entdecken die Schnelltests womöglich nicht.
Wie soll das Testen in Verbindung mit dem Besuch von Geschäften, Lokalen und Veranstaltungen in der Praxis ablaufen?
Da müssen die Konzepte erst noch erarbeitet werden. Die Betreiber und Veranstalter müssten dafür Sorge tragen, dass nur Besucher mit einem negativen Testergebnis Zutritt erhalten. Denkbar wäre, dass etwas Restaurants ein Zelt vor die Tür stellen als private Selbstteststation. Das würde auch ein Testen unter Aufsicht ermöglichen, denn ansonsten sind Selbsttests auch eine Vertrauensfrage. com, dpa, afp