Vorsicht, Vorkasse

von Redaktion

VON MAIK HEITMANN

Erst die Ware, dann das Geld: In etlichen Bereichen gilt dieser Grundsatz nicht, hier wird erst die Hand aufgehalten – Ware oder Dienstleistung kommt oft viel später. Das ist zum Beispiel bei Reiseveranstaltern oder Sportstudios ebenso wie bei Internethändlern oft Voraussetzung: Vorkasse. Anbieter wollen sich damit gegen das Risiko von Zahlungsausfällen absichern. Das führt dazu, dass die Kunden Risiken tragen. Die Einzelheiten der Bezahlung dürfen Vertragspartner in der Regel frei verhandeln. Bei gleich starken Verhandlungspartnern kann das funktionieren. Ungleichgewichte drohen dagegen den Verbrauchern im Umgang mit größeren Unternehmen.

Problembereiche

. Reisen

Von Feilschen kann keine Rede mehr sein, wenn der Anbieter Regeln zur Vorkasse in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) platziert und damit diktiert. Die Verbraucherzentrale Hessen sieht derartige Regelungen als unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers. Eine solche ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch nicht erlaubt. Unternehmen können sich gegenüber dem Verbraucher darauf also nicht berufen. Beschränkungen gibt es darüber hinaus in anderen Bereichen. Bei Pauschalreisen darf der Anbieter beispielsweise nur einen Teil vorab kassieren. Die Reiseveranstalter sind zudem verpflichtet, sich gegen Konkurs und Zahlungsunfähigkeit abzusichern und müssen dies mit dem Reisesicherungsschein nachweisen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Anzahlungen in Höhe von 20 Prozent des Reisepreises angemessen sind. Eine höhere Anzahlung könne nur in Ausnahmefällen verlangt werden. Und die Restzahlung darf nicht früher als 30 Tage vor Reisebeginn gefordert werden (X ZR 85/12).

. Handwerker

Auch bei Verträgen mit Handwerkern existieren Grenzen. Handwerker sind grundsätzlich vorleistungspflichtig. Sie können zwar Abschläge für bereits erbrachte Leistungen verlangen, diese sind aber gesetzlich begrenzt und dürfen auch vertraglich nicht wesentlich höher angesetzt werden. Die Forderung eines Handwerkers auf eine Abschlagszahlung entsteht erst dann, wenn er eine nach dem Werkvertrag geschuldete, im Wesentlichen mangelfreie Leistung erbracht hat, diese Leistung für den Auftraggeber in sich werthaltig ist und dem Auftraggeber eine Aufstellung vorgelegt wird, die ihm eine rasche und sichere Beurteilung der Leistung ermöglicht. Verbraucher sollten sich im Einzelfall gut überlegen, ob und in welcher Höhe sie in Vorleistung gehen.

Ist das Geld komplett bezahlt oder eine hohe Anzahlung geleistet, fehlt ihnen das wichtigste Druckmittel, wenn die vereinbarte Leistung gar nicht, nicht pünktlich oder mangelhaft erbracht wird.

. Onlinekäufe

Vor allem im Internet ist bei Vorkasse Vorsicht geboten. Fakeshops treiben ihr Unwesen, die Vorkasse verlangen, die bestellte Ware aber nicht versenden. Ist das Geld erst einmal überwiesen, wird es schwer, es zurückzuholen. Hier spielt die Zeit gegen die Verbraucher, was auch die Fakeshop-Betreiber wissen. Deshalb versuchen diese, die Kunden gezielt hinzuhalten. Nur wenige Tage nach ihrer Überweisung haben Verbraucher die Chance, das Geld zurückzurufen. Oft haben Betrüger das Geld aber schon ins wenig reglementierte Ausland überführt. Die Mittel des deutschen Rechtsstaats kommen dann oft an ihre Grenzen. Seine legitimen Interessen kann der gewerbliche Verkäufer auch anders als durch Vorkasse schützen. Zu diesem Zweck gibt es beispielsweise Zahlungsdienstleister, die auf Verkäufer- und Käuferseite die Interessen wahren.

. Sportstudio

Verbraucher sollten bei Sportstudioverträgen zunächst eine kürzere Laufzeit wählen. Zudem sollten sie monatliche Beitragszahlung vereinbaren, selbst, wenn das etwas teurer ist als ein Vorkasse-Angebot. Schließlich ist nicht klar, wie lange ein Unternehmen existiert. Außerdem sollten Verbraucher immer berücksichtigen, dass sich ihre eigene Zahlungsfähigkeit innerhalb lange laufender Verträge durchaus verändern kann. Dazu kommt, man sollte erst einmal testen, ob man den sportlichen Ehrgeiz überhaupt auf die Dauer beibehält.

. Hotelzimmer/Ferienhaus Wird der Aufenthalt im Hotel oder im Ferienhaus nicht über einen Veranstalter, sondern direkt beim Hotelier oder Eigentümer gebucht, so gilt das Pauschalreiserecht nicht. Hier ist bei Vorkasse das Verlustrisiko bei einer Insolvenz besonders hoch, weil keine Insolvenzabsicherungspflicht besteht. Hier empfehlen Verbraucherschützer eine Anzahlung in Höhe von maximal zehn Prozent.

. Flüge

Wer einen Flug bucht, der muss diesen in der Regel sofort in voller Höhe bezahlen – auch weit im Voraus. Diese weitverbreitete Praxis hält der Bundesgerichtshof für rechtmäßig (AZ X ZR 97/14; X ZR 98/14; X ZR 5/15). Das Insolvenzrisiko trägt der Fluggast. Nur wenn der Flug Teil einer Pauschalreise ist, ist der Reisende sicher.

Insolvenzfall

Im Insolvenzfall kann das gezahlte Geld verloren sein. Allein der Insolvenzverwalter entscheidet, ob der Vertrag fortgeführt wird. Können etwa Fitnessstudio-Verträge, Pauschalreisen oder Energielieferungen nicht mehr erfüllt werden, sind die Kunden Gläubiger der Insolvenzmasse. Aus der Masse jedoch werden vorrangig andere Gläubiger bedient. Ansprüche der Kunden rangieren hinten und fallen oft weg.

Artikel 2 von 3