Basiskonto droht das Aus

von Redaktion

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

Wer auf der Straße lebt, Hartz IV bezieht oder aus einem Krisengebiet nach Deutschland geflüchtet ist, kann ein Basiskonto gut gebrauchen. 761 500 solcher seit fünf Jahren gesetzlich erzwungener Bankverbindungen hat es Mitte vorigen Jahres in Deutschland gegeben. „Das ist eine enorme Zahl, die nach Erfolg aussieht“, sagt Julian Merzbacher von der Verbraucherorganisation Finanzwende. Ob dieser Erfolg aber aktuell noch Bestand hat oder die Zahl der Basiskonten schon abgeschmolzen ist, weiß er nicht. Denn die deutsche Finanzaufsicht Bafin verfüge über keine neueren Daten. Möglicherweise hat die Zahl der Basiskonten in Deutschland also schon abgenommen.

Gebühren steigen

Verwunderlich wäre ein Schrumpfen der Zahl der Basiskonten mit Blick auf dafür verlangte Gebühren nicht. Pauschal verweigern könnten Banken ein Basiskonto nicht mehr, stellt Finanzwende-Experte Michael Findeisen klar. „Wo die Gefahr aber herkommt, ist die Entgeltregelung“, warnt der Ex-Referatsleiter im Bundesfinanzministerium. Das zeige eine Erhebung der Stiftung Warentest. Die hat Ende vorigen Jahres die Basiskonten von 128 Banken in Deutschland unter die Lupe genommen. Fazit: „Es gibt für Filialkontoführung kein Gratis-Basiskonto mehr“, stellen die Warentester fest. Nur vereinzelte Onlinebanken böten das noch umsonst an. Allgemein seien die Gebühren am Steigen. In der Spitze liegen sie bei 250 Euro jährlich und das bei einer besonders bedürftigen Klientel, die ohnehin kaum Geld hat. Bisweilen koste ein Basiskonto sogar mehr an Gebühren als ein normales Girokonto.

Kein Gebührendeckel

„Der Anspruch auf ein Basiskonto existiert mitunter nur noch auf dem Papier, weil die Banken an der Gebührenschraube drehen können“, kritisiert Finanzwende deshalb und sieht Gesetzgeber sowie Bafin in der Pflicht. „Die Bafin hat mittels Missbrauchsaufsicht ausreichend Kompetenz“, sagt Findeisen und fordert einen Gebührendeckel für Basiskonten nach österreichischem Vorbild. 60 bis 80 Euro sind dort maximal festgelegt. In Frankreich oder Großbritannien müssen vergleichbare Konten sogar völlig kostenfrei angeboten werden. In Deutschland hat der Gesetzgeber im April 2016 dagegen mit der Formulierung einer „angemessenen“ Gebühr die Hintertür aufgemacht.

Nur Klagen hilft

Vereinzelt mussten Kreditinstitute wie die Deutsche Bank deshalb schon von Gerichten zurückgepfiffen werden. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) Mitte vorigen Jahres die Monatsgebühr der Deutschen Bank von 8,99 Euro für ein Basiskonto gekippt (AZ XI ZR 119/19). Aber das sei nur eine Einzelfallentscheidung, die nicht für die ganze Branche gelte, stellt Findeisen klar. „Es gibt über 100 Gebührenmodelle allein für Basiskonten am Markt“, weiß er. Statt Betroffene immer wieder zur Klage zu zwingen, könne die Bafin ein Machtwort sprechen, das branchenweit gilt. Aber die bleibe nach dem Abtreten von Ex-Chef Felix Hufeld auch unter neuer Führung von Mark Branson in der Sache bislang untätig. Die Hoffnung, dass die jetzige Bundesregierung das Thema noch anpackt, hat Merzbacher nicht. Aber Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) könne und müsse die Bafin anweisen, rasch aktiv zu werden.

250 Euro Jahresbeitrag

Es sind laut Merzbacher nicht nur Privatbanken, die hohe Gebühren für Basiskonten als Abwehrmechanismus gegen unerwünschte Kundschaft nutzen. Die 250 Euro Jahresgebühr, die Stiftung Warentest in der Spitze ermittelt habe, stamme ausgerechnet von einer Sparkasse. Über solche Entgelte lasse sich de facto der alte Rechtszustand vor Inkrafttreten des Basiskonto-Gesetzes durchsetzen, was das Gesetz ins Leere laufen lassen würde.

Artikel 3 von 6