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Nachlassverwalter lässt sich Zeit

von Redaktion

Nach dem Gesetz muss das Nachlassgericht von Amts wegen bis zur Annahme der Erbschaft für die Sicherung des Nachlasses sorgen, soweit ein Bedürfnis besteht. Dies gilt insbesondere für den Fall, wenn der Erbe unbekannt ist oder wenn ungewiss ist, ob der Erbe die Erbschaft angenommen hat. Man spricht dann von einer sogenannten Nachlasspflegschaft.

Ein Unterfall der Nachlasspflegschaft ist die Nachlassverwaltung, die insbesondere der Erbe beantragen kann, wenn er die Vermögenssituation des Nachlasses nicht überblickt im Hinblick auf eine drohende Überschuldung und die eigene persönliche Haftung vermeiden möchte. Da in Ihrem Fall ein positiver Nachlass vorhanden ist, unterstelle ich, dass das Amtsgericht eine Nachlasspflegschaft von Amts wegen eingeleitet hat, um die Erben zu ermitteln. Erst wenn die Erben ermittelt sind und die Annahme der Erbschaft erfolgte, wird die Nachlasspflegschaft durch Beschluss des Nachlassgerichts aufgehoben und der Nachlasspfleger hat den Nachlass als Ganzes an alle Erben herauszugeben, das heißt, er kann das Geld nicht auf einzelne Erben verteilen, denn das ist Teil der Erbauseinandersetzung unter den Miterben, für die er nicht mehr zuständig ist.

Um nach Abschluss der Pflegschaft zur Auszahlung der Kontoguthaben zu kommen, müssen die Erben – oder ein Miterbe – einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen, der sämtliche Miterben und auch die Erbquoten ausweist. Mit einem Teilerbschein, der nur Ihren Erbteil ausweist, können Sie keine Auszahlung bei der Bank erreichen, zumal hierzu alle Erben zustimmen müssen.

Was Ihre Frage nach dem Hinauszögern der Angelegenheit anbelangt, so ist zu sehen, dass der Nachlasspfleger grundsätzlich einen weiten Entscheidungsspielraum hat und er kann im Rahmen des ihm übertragenen Wirkungskreises selbstständig Entscheidungen treffen, natürlich immer orientiert am Interesse der Erben. Wenn allerdings das Hinauszögern der Angelegenheit nicht mehr sachlich gerechtfertigt ist und sein Handeln als pflichtwidrig angesehen werden kann, dann können die Miterben das Nachlassgericht einschalten, das wiederum mit verschiedenen Maßnahmen gegensteuern kann bis hin zur Entlassung des Nachlasspflegers. Wenn er sogar schuldhaft mit dem Hinauszögern seine Pflichten verletzt, steht den Erben gegebenenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Nachlasspfleger zu.

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