Besserer Schutz im Homeoffice

von Redaktion

VON BASIL WEGENER

Beschäftigte im Homeoffice sollen in Deutschland künftig mehr Rechte und Mitsprache haben. So sollen Betriebsräte künftig bei Geräten und Geld fürs Homeoffice stärker mitreden dürfen. Außerdem werden Arbeitnehmer bei Unfällen auf dem Weg zur Kita des Kindes auch von der Unfallversicherung geschützt – anders als heute. Das beschloss der Bundestag am Freitag mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Generell soll das Gesetz die Bildung von Betriebsräten erleichtern. Heute gibt es in vielen kleineren Firmen keine Betriebsräte.

Für das Gesetz stimmten die Abgeordneten der Koalition und der Grünen. Die Linke enthielt sich. AfD und FDP stimmten dagegen. Die Gewerkschaften begrüßten das Gesetz im Grundsatz. Der Bundesrat muss sich noch abschließend damit befassen.

Mobiles Arbeiten

Betriebsräte sollen beim Homeoffice mitbestimmen können – etwa wenn es um die Erfassung der Arbeitszeit, um die Ausrüstung mit Geräten oder das Entgelt des Arbeitgebers für die Nutzung privaten Wohnraums geht. Das könnte für Millionen Beschäftigte wichtig werden, wenn in den Betrieben nach dem pandemiebedingten Homeoffice Regeln für die Zukunft aufgestellt werden. Laut einer Umfrage des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens EY wollen die meisten Beschäftigten dann weiter teils im Homeoffice arbeiten. 38 Prozent bevorzugen demnach wöchentlich drei bis vier, 36 Prozent nur noch ein bis zwei Büroarbeitstage. Mit dem Gesetz soll Betriebsräten auch erleichtert werden, ihre Sitzungen per Video- oder Telefonkonferenz abzuhalten. Grüne und Gewerkschaften monierten, wichtig wäre in der digitalen Arbeitswelt auch ein digitales Zugangsrecht für die Gewerkschaften zu den Beschäftigten.

Versicherungsschutz

Mit dem Gesetz wurde eine bessere Absicherung von Beschäftigten im Homeoffice bei Unfällen beschlossen. Ausgeweitet wird der Versicherungsschutz auf dem Weg im eigenen Haushalt zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang. Auch soll es Versicherungsschutz für Unfälle auf Wegen geben, die die Beschäftigten zur Betreuung ihrer Kinder außer Haus zurücklegen, zum Beispiel zur Kita.

Betriebsräte

IG-Metall-Vizechefin Christiane Benner betonte, heute werde in Deutschland jede sechste Betriebsratsgründung verhindert – „mit teilweise rabiaten Methoden und persönlichen Folgen“. Verdi-Chef Frank Werneke sagte: „Es besteht seit vielen Jahren Handlungsbedarf für einen verbesserten Schutz bei der Gründung von Betriebsräten.“ Während in Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten mehr als 80 Prozent Betriebsräte haben, sind es etwa bei Betrieben mit 50 bis 100 Beschäftigten rund ein Drittel. Laut einer Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeiteten im vergangenen Jahr zudem nur 43 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit Branchentarifvertrag.

Um die Mitbestimmung zu stärken, wird der Kündigungsschutz in Zukunft bei der Anbahnung von Betriebsräten verbessert: Wer die Errichtung eines solchen Gremiums vorbereitet, darf nicht gekündigt werden – außer betriebsbedingt. Die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke bemängelte deshalb, der Kündigungsschutz sei zu schwach. In kleinen Betrieben mit bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sollen für einen Betriebsrat keine Stützunterschriften mehr erforderlich sein. Und künftig sollen Beschäftigte schon ab 16 Jahren ihren Betriebsrat wählen können.

Politische Debatte

In der Debatte sagte die SPD-Fraktionsvizechefin Katja Mast: „Moderne Wirtschaft kann nicht von oben diktiert werden – sie braucht Mitsprache.“ Sie betonte: „Dieses Gesetz ist ausdrücklich eine Ermutigung der Gründung von Betriebsräten.“ Der AfD-Abgeordnete Uwe Witt griff die SPD an, die sich als „größter Wohltäter“ zeige. Das Gesetz sei „ein massiver Eingriff in Weisungsrecht, Vertragsfreiheit und unternehmerische Freiheit“. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sagte: „Dank des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes wird es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in vielen Betrieben leichter fallen, Betriebsräte zu bilden.“ Das Gesetz werde „den mitbestimmungspolitischen Stillstand“ der vergangenen Jahrzehnte aber nicht überwinden.

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