Die Schwankungen an der Börse bleiben beträchtlich, wenn auch bei weitem nicht in den Dimensionen wie beim Bitcoin. Zwischen 14 960 und einem neuen kurz erreichten Rekordhoch von 15 538 Punkten am Dienstag bewegte sich der Deutsche Aktienindex Dax in der Woche vor Pfingsten, bevor er sich am Freitag bei rund 15 450 einpendelte – ein leichtes Plus gegenüber der Vorwoche. Vor allem Inflationssorgen treiben die Händler und Anleger um. Allerdings auch wieder nicht so, wie man vermuten könnte.
Am Freitag hieß es von der Bundesbank, die Preise in Deutschland könnten zum Jahresende auf bis zu vier Prozent steigen. Bislang war die Rede von nur mehr als drei Prozent. Eine Reaktion am Aktienmarkt gab es praktisch nicht. Möglicherweise ermüden die Debatten über eine höhere Inflationsrate. Vielleicht weil auch die Händler wissen, dass die Basis aus dem vergangenen Jahr wegen der zeitweisen Mehrwertsteuer-Senkung und sehr niedriger Rohstoffpreise für die jetzt sichtbaren Raten sehr niedrig war.
„Obwohl die Aktienkurse wieder mehr schwanken, bleiben die Börsentrends klar nach oben gerichtet. Sowohl der Dax als auch die Wall Street erweisen sich als sehr widerstandsfähig“, sagt Robert Greil, Chefstratege beim Bankhaus Merck Finck. Andreas Hürkamp von der Commerzbank führt das auch auf die „beeindruckend starke Gewinnsaison“ für das erste Quartal zurück. Im Sommer könnte der Dax deshalb auf 16 000 Punkte steigen. Untermauert wird diese Einschätzung durch die sehr positive Stimmung in der Euro-Wirtschaft. Sie ist so gut wie seit drei Jahren nicht mehr.
Robert Halver, Chef-Stratege der Baader Bank, sieht den Markt derzeit im „Realitäts-Check“ und stellt zwei zentrale Fragen. „Halten Inflationssorgen, Zinsangst und neue High-Tech-Sachlichkeit die Aktienmärkte in Schach? Oder können Impf-Fortschritte und nachhaltige Konjunkturöffnungen eine neue Aktien-Rallye einleiten?“ Es werde zwar nicht zwingend neue Rekordstände geben, die weiter negativen Realzinsen werden die Aktienmärkte stabilisieren, ist Halver überzeugt.
Fluglinien, Flughafenbetreiber, Touristikunternehmen und Banken hätten weiter viel Potenzial. „Jede Wiedereröffnung beschert ihnen massive Skaleneffekte.“
Einen möglichen Einbruch sieht Börsen-Experte Halver ebenso wenig wie andere Beobachter. Trotz weiter beträchtlicher Schwankungen bestehe für Panik überhaupt kein Anlass. Aber weiteres Geschaukel erwartet Halver schon – allerdings mit einer klaren Tendenz nach oben: 16 000 Dax-Zähler am Jahresende. Auch weil die Alternativen rar bleiben.
Die Zinsen verharren im Tief, die Europäische Zentralbank (EZB) wird sich nicht bewegen. Daran ändert auch der Renditeanstieg etwa bei zehnjährigen Bundesanleihen wenig. Auch wenn sich diese nur bei minus 0,11 Prozent liegen nach fast minus 0,6 Prozent Ende vergangenen Jahres. ROLF OBERTREIS