Streit um Rauch und Rücksicht

von Redaktion

VON MEIK HEITMANN

Der Tabakverbrauch pro Kopf in Deutschland sinkt. Konsumierte beispielsweise 2011 im Schnitt noch jeder Erwachsene 1305 Zigaretten, waren es 2020 nach vorläufigen Zahlen 1063 – ein Rückgang um 19 Prozent, wie die Wiesbadener Statistiker berechneten. Aber noch immer raucht laut Mikrozensus 2017 gut jeder vierte Mann (26 Prozent) und fast jede fünfte Frau (19 Prozent).

Ein Rauchstopp lohnt sich gesundheitlich wie finanziell: Soeben hat das Online-Portal Verivox errechnet, dass ein Raucher, der eine Schachtel am Tag raucht, 213 Euro im Monat spart, wenn er aufhört. Auch Ärger mit den Nachbarn und dem Vermieter kann man sich dann sparen. Und den gibt es immer wieder, wie folgende Urteile zeigen.

Rauchen nur zu bestimmten Zeiten

Das Landgericht Dortmund hat entschieden, dass ein Ehepaar, das stark raucht, dies nur zu bestimmten Uhrzeiten auch auf der Terrasse tun darf. Es legte einen Stundenplan fest, damit die Nachbarn in der Reihenhaussiedlung nicht unangemessen durch Zigarettenqualm gestört werden. Die Hälfte des Tages muss der Glimmstängel aus bleiben – und zwar in der Zeit von 0 bis 3 Uhr, 6 bis 9 Uhr, 12 bis 15 Uhr und 18 bis 21 Uhr. Das Gericht stellte fest, dass der Qualm für die nicht rauchenden Nachbarn auf der Terrasse eine „nachhaltige und häufige Beeinträchtigung darstellt“ und auch sie das Recht haben, „rauchfrei zu wohnen“ (AZ: 1 S 451/15).

Rauchen allein kein Kündigungsgrund

Allein die Tatsache, dass ein Mieter „Kette raucht“, berechtigt den Eigentümer der Wohnung nicht dazu, ihm den Mietvertrag zu kündigen. Das hat das Landgericht Düsseldorf entschieden. Das gelte jedenfalls dann, wenn trotz zahlreicher Zeugenaussagen nicht auch eine nachhaltige Beeinträchtigung der anderen Mieter oder der anderen Hausbereiche (wie zum Beispiel der Flur) bewiesen ist. Auch extremes Rauchen ist für sich gesehen kein vertragswidriges Verhalten des Mieters (AZ: 23 S 18/15).

Rauchmelder darf installiert werden

Auch ein stark rauchender Mieter kann es seinem Vermieter nicht untersagen, in seiner Wohnung – ihm ging es speziell um das Wohnzimmer – einen Rauchmelder zu installieren, weil er befürchtet, dadurch „in seinen Rauchgewohnheiten beschränkt“ zu werden. Die inzwischen gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, eine unter Umständen tödliche Rauchentwicklung in den Wohnungen zu bekämpfen, müsse der Raucher dulden, so das Amtsgericht Halle/Saale (AZ: 99 C 2552/13).

Wenn der Qualm zum Nachbarn zieht

Einem Mann, dessen Tabakrauch regelmäßig in die Räume einer Nachbarwohnung drang, wurde vom Amtsgericht München zwar nicht verboten, seinem Laster in der Wohnung und auf dem Balkon nachzugehen. Er wurde aber dazu verurteilt, in der Zeit von 23 bis 7 Uhr, von 11 bis 13 Uhr sowie von 17 bis 19 Uhr „geeignete Maßnahmen“ zu treffen, dass aus seiner Wohnung/von seinem Balkon kein Zigarettenrauch in die Wohnung eines „leidenden“ Nachbarn dringt (AZ: 485 C 28018/13).

Auf dem Balkon darf geraucht werden

Der Bundesgerichtshof hat Mietern mit Balkon diesen weitestgehend zum Rauchen freigegeben. Zwar dürfe ein Mieter, der einen Balkon direkt über dem Raucher hat, nicht „wesentlich beeinträchtigt“ werden. Diesen Beweis jedoch zu führen, sei sehr schwer. Es komme darauf an, wie stark ein „verständiger durchschnittlicher“ Mensch den aufziehenden Qualm als störend empfinde. Kann der nicht rauchende Mieter aber beweisen, dass ihm gesundheitliche Gefahren drohen (was hier nicht gelang), so müsse eine Zeitenregelung getroffen werden, die zum einen den Schutz des Nichtrauchers, zum anderen aber auch die „Verwirklichung der Lebensbedürfnisse“ des Rauchers in seiner Wohnung samt Balkon gewährleistet (BGH, V ZR 110/14).

Waschküche und Flur sind tabu

Vermieter können ihren Mietern untersagen, in Gemeinschaftsräumen – etwa dem Treppenflur, auf dem Boden oder in der Waschküche – zu rauchen, wenn Mitmieter Qualm dort nicht ertragen wollen. Allerdings darf in den Wohnungen – von seltenen Ausnahmen abgesehen – jeder seinen Rauchgewohnheiten nachgehen, wie er möchte, so das Landgericht Hamburg. Dies auch dann, wenn sich Mieter – hier in einer darüber liegenden Wohnung – darüber ärgern, dass aus der Wohnung unter ihnen regelmäßig Rauch in ihre Zimmer drängt. Allerdings können die Mieter die Miete mindern (hier in Höhe von fünf Prozent), wenn der Vermieter die Raucher nicht dazu bewegen kann, das Rauchverhalten zu ändern (AZ: 311 S 92/10).

Rauchen gilt als „vertragsgemäß“

Und auch der Bundesgerichtshof hat grundsätzlich entschieden, dass das Rauchen in einer Mietwohnung ein „vertragsgemäßer Gebrauch“ sei. Das gelte jedoch nicht, wenn durch das Rauchen „Verschlechterungen in der Wohnung verursacht werden, die sich nicht mehr durch Schönheitsreparaturen beseitigen lassen“. Dann könnte der Vermieter Schadenersatz geltend machen. In dem konkreten Fall jedoch ließen sich die durch den Qualm entstandenen Schäden durch Tapezieren und Streichen/Lackieren beheben (AZ: VIII ZR 37/07).

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