Sonja M.: „Meine kinderlose Großtante ist im März 2015 durch eine Betreuerin ins Pflegeheim gekommen. Ihr Zweifamilienhaus stand seit dieser Zeit leer. Mittlerweile ist sie gestorben. Die erwachsenen Kinder meiner Cousine hatten schon etliche Jahre vorher Bankvollmachten. Da kein Testament vorhanden war, wurde ihr Nachlass zur Hälfte den Kindern ihres Bruders (also meiner Cousine und ihrem Bruder) zugeteilt, die andere Hälfte den drei Kindern (darunter ich) Ihrer verstorbenen Schwester. Im Mai 2018 beim Amtsgericht ging man nur noch von etwa 7000 Euro Guthaben zum Zeitpunkt des Todes aus. Nach mehreren Nachfragen hat meine Cousine zugegeben, dass sie das Haus zum Preis von 40 000 Euro im Frühjahr 2017 durch die Betreuerin gekauft hat. Das Zweifamilienhaus ist viel mehr wert gewesen. Meine Fragen: Gibt es bestimmte Vorgaben für einen Verkauf, des Betreuers, z.B. Wertermittlung von einem amtlichen, unabhängigen Gutachter? Was kann ich tun?“
Die Betreuerin konnte das Haus nur mit Zustimmung des Betreuungsgerichts verkaufen gemäß § 1908i iVm § 1821 I Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das Betreuungsgericht prüft die Angemessenheit des Kaufpreises dann im Regelfall anhand eines Verkehrswertgutachtens. Grundsätzlich lässt ein Betreuer das Verkehrswertgutachten – gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Betreuungsgericht – möglichst frühzeitig vor dem geplanten Kaufabschluss erstellen. Maßstab für die gerichtliche Entscheidung über die Genehmigung des Hausverkaufs ist weiter das Interesse der Betreuten. Das Gericht hat dabei eine Gesamtabwägung aller Vor- und Nachteile sowie der Risiken des zu prüfenden Geschäfts für den Betroffenen vorzunehmen und ausschließlich das Wohl und die Interessen der Betreuten zu berücksichtigen, nicht aber die Belange Dritter wie etwa potenzieller Erben (BGH 30.11.2016 XII ZB 335/16). Mithin musste das Betreuungsgericht Sie nicht informieren.
Als Erbin können Sie aber die Akteneinsicht in die Betreuungsakte bei Gericht beantragen, so dass sich Ihnen der genaue Verkaufsverlauf erschließt.
Wolfgang S.: „Mein Vater besitzt mehrere Immobilien, deren Wert die gültigen Freibeträge für mich und meinen Bruder deutlich übersteigen. Nun hat mein Vater vor drei Monaten eine Schenkung der Hälfte seines Immobilienbesitzes an meine Mutter getätigt, mit dem Ziel, die Freibeträge für mich, meinen Bruder und auch die Enkelkinder zu verdoppeln. Anschließend ist eine entsprechende Schenkung geplant, die die Erbschaftsteuer eliminiert beziehungsweise deutlich reduziert (Kettenschenkung). Akzeptiert das Finanzamt diese zusätzlichen Freibeträge meiner Mutter oder ist eine Schamfrist einzuhalten? Wie ist die rechtliche Situation? Wenn es eine Frist gibt, wie lange müssen wir mit der Übertragung der Anteile meiner Mutter warten?“
Im Rahmen einer Kettenschenkung erfolgt die Schenkung zunächst an einen Zwischenerwerber (erste Schenkung von Ihrem Vater an Ihre Mutter). Ihre Mutter schenkt weiter an Sie und Ihren Bruder (zweite Schenkung). Um einem Kind auch nach der evtl. nicht vermögenden Mutter den Steuerfreibetrag von 400 000 € zu erhalten, wird in der Praxis oft zu diesen Kettenschenkungen gegriffen. Bei einer Kettenschenkung handelt es sich zivilrechtlich um zwei Schenkungen.
Steuerrechtlich wurde früher die Kettenschenkung als Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 AO gewertet. Diese Einstufung hat der Bundesfinanzhof aber 2013 aufgegeben. Kettenschenkungen sind daher grundsätzlich zulässig. Dreh- und Angelpunkt ist aber die eigene Entscheidungsbefugnis des in der Mitte liegenden Kettenglieds, mithin Ihrer Mutter. Die Weiterschenkung Ihrer Mutter muss erkennbar nach eigenem Willen und ohne Pflicht erfolgen. Dafür spricht u. a., wenn Ihre Mutter als Zwischenerwerberin die Zuwendung nicht sofort an Sie und Ihren Bruder weiter überträgt. Zwischen dem Erwerb durch den einen Ehegatten und der Weiterschenkung an die Kinder sollte eine Schamfrist von im Regelfall mindestens sechs Monaten liegen. Üblicherweise wird sogar ein Jahr empfohlen – so soll bei Bargeldübertragungen der Zwischenerwerber eine Zinsperiode abwarten.
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