Hubert R.: „Wir wohnen in einem Mehrfamilienhaus mit sechs Eigentumsparteien. Aus meiner Sicht gehört das Dach zum Gemeinschaftseigentum. Das Regenwasser wird von den Bewohnern der beiden Erdgeschosswohnungen mit Garten aus den vier Dachrinnenrohren entnommen. Bisher konnte ich mit Erlaubnis einer mittlerweile verstorbenen Eigentümerin über 15 Jahre Wasser aus meiner Regenwassertonne in deren Garten entnehmen. Die neuen Eigentümer hatten ein Jahr lang keine Einwände. Neuerdings wird aus der Gartentür ein Hochsicherheitstrakt: Der Zugang zu meiner Regentonne wird durch einen Riegel, Kabelbinder, Fahrradkette und Hundeleinen gesichert. Eine angeregte Aussprache wird zurzeit ignoriert. Für mich wäre es wichtig zu wissen: Wem gehört das Regenwasser vom gemeinsamen Dach? Ist nach 15 Jahren ein Gewohnheitsrecht zur Entnahme des Regenwassers aus meiner Regentonne entstanden?“
Grundsätzlich ist niemand Eigentümer des Regenwassers, sodass es auch von jedermann verwendet werden darf. In Ihrem Fall liegt das Problem aber an anderer Stelle. Denn zur Entnahme des Regenwassers müssen Sie den Garten anderer Eigentümer betreten. Da es bis zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) gängige Praxis war, gehe ich davon aus, dass den Eigentümern der Erdgeschosswohnung ein Sondernutzungsrecht am Garten eingeräumt wurde. In diesem Fall müssen sie den Zutritt anderer Eigentümer nicht dulden, sodass Sie kein Recht haben, zur Entnahme des Regenwassers den Garten zu betreten. Sondernutzungsberechtigte müssen den Zutritt nur dann gewähren, wenn er dem Gebrauch des Gemeinschaftseigentums dient, beispielsweise zum Betanken des auf der Sondernutzungsfläche befindlichen Heizöltanks. Die Erlaubnis der Vor-Eigentümerin wirkt nicht weiter. Auf irgendwie geartete Gewohnheitsrechte kann sich eine Person nur dann berufen, wenn keine gesetzliche Regelung besteht. Dies ist hier aufgrund der Regelungen des WEG nicht der Fall. Anders läge die Sache nur in dem unwahrscheinlichen Fall, wenn kein Sondernutzungsrecht oder Sondereigentum an dem Garten besteht. In diesem Falle dürften Sie den Garten betreten. Im Zweifel sollten Sie daher die Teilungserklärung bzw. entsprechende Vereinbarungen prüfen.