LESER FRAGEN – EXPERTEN ANTWORTEN

Braucht jeder einen Erbschein?

von Redaktion

Helmut D.: „Vor vier Jahren ist eine Cousine meines Vaters verstorben. Da keine engeren Verwandten und auch kein Testament vorhanden waren, wurde vom Amtsgericht ein Rechtspfleger bestellt. Mitte 2020 habe ich Bescheid bekommen, dass ich mit weiteren 15 Personen Miterbe bin. Alle haben das Erbe angenommen, müssen auch alle einen Erbschein beantragen? Wie lange kann sich der Rechtspfleger Zeit lassen, bis die Sache abgeschlossen ist? Ich habe im ersten Moment die Erbschaft angenommen, kann ich jetzt noch von der Zustimmung zurücktreten?“

Bis zur Annahme einer Erbschaft hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit dafür ein Bedürfnis besteht. Das gilt auch, wenn der Erbe unbekannt ist. Dann kann das Nachlassgericht zur Sicherung desjenigen, der Erbe wird, einen sogenannten Nachlasspfleger einsetzen, was wohl auch in Ihrem Fall geschehen ist. Dieser ist dann gesetzlicher Vertreter der zukünftigen Erben. Er unterliegt der Aufsicht des Nachlassgerichts und haftet den Erben gegebenenfalls für schuldhafte Verletzungen seiner Pflichten. Die Nachlasspflegschaft endet nicht automatisch, wenn der oder die Erben gefunden sind und sie die Erbschaft angenommen haben. Sie ist dann aber unverzüglich durch Beschluss des Nachlassgerichts aufzuheben und der Nachlasspfleger hat Rechnung zu legen. Ein Erbschein wird nur auf Antrag erteilt. Er muss nicht von jedem einzeln beantragt werden, antragsberechtigt für einen gemeinschaftlichen Erbschein, in dem die Erbanteile aller Erben aufgelistet sind, ist jeder Erbe. Einfach zurücktreten von der Annahme der Erbschaft können Sie nicht. Nur in bestimmten Fällen kommt eine Anfechtung der Annahme der Erbschaft in Betracht. Es muss ein Anfechtungsgrund wie zum Beispiel ein Irrtum über den Inhalt der Annahmeerklärung oder über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Erbschaft vorgelegen haben. Die Frist zur Anfechtung beträgt nur sechs Wochen seit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund erfahren hat. Grundsätzlich bilden Sie jetzt mit den anderen Erben eine Miterbengemeinschaft und müssen sich mit diesen einigen, wie die Erbschaft aufgeteilt wird. Jeder Miterbe kann jederzeit die sogenannte Auseinandersetzung der Erbschaft verlangen.

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