„Denkpause“ am Aktienmarkt

von Redaktion

Die zehn neuen Werte stehen fest, wenn der Deutsche Aktienindex Dax, am 20. September mit 40 statt bislang 30 Werten ins Rennen geht. Die Europäische Zentralbank (EZB) reduziert zwar das Tempo, aber sie kauft weiter fleißig Anleihen und hält damit Zinsen und Renditen am Boden. Und längst liegen alle Berichte für das erste Halbjahr offen auf dem Tisch.

Robert Halver, Marktstratege der Baader Bank, sieht deshalb den Aktienmarkt, Börsianer und Anleger in einer „Denkpause“. Die Gewinneuphorie habe erst einmal ihren Höhepunkt erreicht, ein Normalisierungsprozess habe eingesetzt. Andere sehen die Börse in einer „Übergangsphase“, deren Ausgang nicht ganz klar sei. Vermutlich schaut auch die Börse auf die Bundestagswahl in zwei Wochen, auch wenn solche Ereignisse meist schnell wieder vergessen sind – nach dem Motto „Politische Börse haben kurze Beine“.

Das bestätigt auch eine Analyse der DZ Bank mit Blick auf die Unternehmen und die Wahl. Das Geschäftsklima der Unternehmen hänge immer stärker von der Weltwirtschaft ab. Und auf die hätten nationale Regierungen nur einen geringen Einfluss, sagt DZ- Bank Ökonom Claus Niegsch.

Der Dax hat sich tatsächlich erst einmal vom Überschwang verabschiedet. Die 16 000 Marke und neue Rekorde sind vorerst kein Thema mehr. Im Wochenverlauf ist er zwischenzeitlich sogar auf 15 453 Zähler abgerutscht, den tiefsten Stand seit Ende Juli. Die Aktienmärkte hätten sich zuletzt „etwas verstimmt“ gezeigt, stellt DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater fest. In der Weltwirtschaft laufe es nicht rund. Zum Wochenschluss setzte sich das Börsenbarometer wieder bei knapp 15 600 Punkten fest.

Trotzdem: Dem Optimismus schadet die Atempause nicht. Halver traut dem Dax bis zum Jahresende neue Rekorde und dann einen Stand von 16 400 Zählern zu. Auch der Blick auf die Unternehmen bleibt angesichts voller Auftragsbücher und trotz der Engpässe in den Lieferketten von Zuversicht geprägt. „Nach vielen positiven Überraschungen für das zweite Quartal haben die Analysten ihre Erwartungen für das restliche Geschäftsjahr nach oben revidiert“, stellt Markus Wallner von der Commerzbank fest. Andere sehen ein Risiko in der Ausbreitung der Delta-Variante, wieder steigenden Corona-Zahlen und in der Folge eine mögliche Konjunktureintrübung. „Von einem Ende des Aktienbooms zu sprechen, dürfte jedoch stark übertrieben sein“, sagt DZ Bank-Aktienstratege Sven Streibel. Trotzdem könnten negative Schlagzeilen jederzeit zu Kursrücksetzern führen. Die Schwankungen am Aktienmarkt dürften in den nächsten Wochen größer werden. Streibel traut dem Dax bis zum Jahresende nicht mehr allzu viel zu. Bei 15 700 Zählern sieht er den Index in rund dreieinhalb Monaten, bevor es bis Mitte 2022 wieder auf 16 500 nach oben geht. Und das Thema Inflation scheint die Börsianer nicht wirklich umzutreiben, auch wenn sie im August in Deutschland mit 3,9 Prozent den höchsten Stand seit fast 28 Jahren erreicht hat.

ROLF OBERTREIS

Artikel 5 von 7