Trotz der Corona-Pandemie ist die Zahl der überschuldeten Personen in Deutschland in diesem Jahr auf ein Rekordtief gefallen. Insgesamt zählte die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in ihrem veröffentlichen „Schuldneratlas 2021“ rund 6,16 Millionen überschuldete Verbraucher, rund 700 000 weniger als im Vorjahr. Dies ist der niedrigste Wert seit Beginn der Auswertungen im Jahr 2004. Die Überschuldungsquote lag damit erstmals unter neun Prozent.
Die Entwicklung überraschte die Experten. Der Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform, Patrik-Ludwig Hantzsch, sprach von einem „Überschuldungs-Paradoxon“. Die Folgen der Corona-Pandemie seien dank der andauernden staatlichen Hilfsmaßnahmen wie Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen bei der Überschuldung nicht akut spürbar. Doch rechnet er schon bald mit einer Trendwende. Und auch Verbraucherschützer sehen keinen Grund zur Entwarnung.
Hantzsch betonte, viele überschuldete Verbraucher hätten offenbar die eingeschränkten Konsummöglichkeiten in der Pandemie genutzt, um mit dem gesparten Geld Schulden zurückzuzahlen. Doch gebe es einige Anzeichen, dass der positive Trend schon bald kippen könnte und die negativen Folgen der Krise „zeitverzögert und mit Langzeitwirkung auftreten“.
Der Experte befürchtet, dass aktuelle Megatrends wie gestörte Lieferketten, steigende Energiepreise und anhaltende Inflation sich erst auf die Wirtschaft und dann auf die Geldbeutel der Verbraucher auswirken werden. Schon Ende nächsten Jahres oder im übernächsten Jahr könnten die Überschuldungsquoten deshalb wieder ganz anders aussehen.
Überschuldung liegt den Experten zufolge vor, wenn der Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht begleichen kann – oder kurz: die Gesamtausgaben die Einnahmen übertreffen.
Als einzige Altersgruppe wiesen die 60- bis 69-Jährigen auch 2021 wieder einen Anstieg der Überschuldungsfälle auf. Insgesamt zählte Creditreform in dieser Altersgruppe 769 000 Überschuldungsfälle, sechs Prozent mehr als im Vorjahr.