Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck sind verbreitete Gesundheitsprobleme in der modernen Gesellschaft. Betroffen ist vor allem, wer zu viel und zu einseitig isst und sich zu wenig bewegt.
Die Anhänger der Paleo-Ernährung wollen dem entgegenwirken. Die Idee: Der Mensch sollte sich möglichst ursprünglich ernähren – im Idealfall so, wie es seine Vorfahren in der Altsteinzeit, dem Paläolithikum, getan haben. Das entspräche am besten seiner genetischen Veranlagung. Paleo ist also keine reine Abnehmdiät, sondern hat eine dauerhafte Ernährungsumstellung zum Ziel.
Die Paleo-Diät besteht aus viel Fleisch, Eiern und Fisch, kombiniert mit Gemüse, Pilzen, Kräutern, Obst und Nüssen. Wie authentisch diese Kost ist, sei dahingestellt: Die heutigen Gemüse- und Obstsorten sind das Ergebnis langjähriger Züchtung und nicht mit den damaligen Wildformen zu vergleichen. Kein Steinzeitmensch hatte zudem die Auswahl zwischen Zutaten wie Kokosmehl, Ahornsirup und Avocado.
Ein wichtiges Prinzip der modernen Steinzeitkost: Die Lebensmittel sollten möglichst hochwertig und unverarbeitet sein. Statt Currywurst und Leberkäse kommt also Fleisch von Wild, Weiderind oder Bioschwein auf den Teller.
Ackerbau und Viehzucht gab es in der Altsteinzeit noch nicht. Tabu sind daher nicht nur Zucker und Weißmehlprodukte, sondern Getreideerzeugnisse aller Art. Gleiches gilt für Milchprodukte. Müsli, Brot, Nudeln, Joghurt, Käse – nichts davon passt in die Paleo-Küche. Auch andere Stärkelieferanten wie Kartoffeln und Reis sind zu meiden, ebenso Hülsenfrüchte. Allenfalls Süßkartoffeln dürfen gelegentlich auf den Teller kommen.
Das Ergebnis ist eine Kost, die reich an tierischen Fetten und Eiweiß ist und wenig Kohlenhydrate enthält. Dieses Nährstoffprofil weicht deutlich von den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ab. Beispielsweise fehlen Ballaststoffe, die für eine gute Verdauung wichtig sind und gleichzeitig wertvolles Futter für die Darmbakterien bilden. Etwas mehr Eiweiß als empfohlen ist für einen gesunden Organismus unproblematisch und kann durch die hohe Sättigungswirkung auch beim Abnehmen helfen.
Ob Paleokost aber über viele Jahre gut verträglich ist, lässt sich nicht gesichert sagen. Es gibt keine aussagekräftigen Langzeitstudien, die aufzeigen könnten, ob der jahrelange Verzehr großer Eiweißmengen sowie gesättigter tierischer Fettsäuren mit einem erhöhten Risiko etwa für Krebs verbunden ist.
Umgekehrt lassen sich bei Paleo-Anhängern durchaus positive Effekte beobachten, zum Beispiel mit Blick auf Gewichtsreduktion oder Blutzuckerspiegel. Das ist eine erwartbare Folge bei einem konsequenten Verzicht auf Zucker, Weißmehl und Fertigprodukte.
Fraglich ist jedoch, ob man Getreideprodukte generell meiden sollte. Nach den Erkenntnissen der modernen Ernährungsmedizin ist das nicht sinnvoll, da Getreide neben Ballaststoffen auch wichtige Vitamine und Mineralstoffe liefert. Wie sehr auch viele Paleo-Freunde Getreide und die damit verbundene Vielfalt vermissen, lässt sich am breiten Angebot an Paleo-Müsli, Paleo-Brotbackmischungen und Rezepten für Paleo-Kekse ablesen. Nussmehle, Buchweizen oder Amaranth sollen dabei die Rolle von Weizen und Co. übernehmen. Gesüßt wird mit Apfelmus oder Honig.
Die negative Einschätzung von Milchprodukten ist wissenschaftlich ebenfalls kaum haltbar. Zumal eine der Kernthesen der Paleo-Idee falsch ist: Das menschliche Genom hat sich in den letzten 10 000 Jahren durchaus verändert. Bislang sind allein etwa 700 Mutationen für diesen Zeitraum belegt. Darunter entwickelte sich auch die Fähigkeit, Milchzucker zu spalten und Milch noch im Erwachsenenalter verdauen zu können.
Auch Hülsenfrüchte können die Kost um wertvolles pflanzliches Eiweiß bereichern, ohne dass nachteilige Wirkungen zu befürchten sind. Und für das Klima ist es sowieso besser, weniger tierisches Eiweiß zu essen und stattdessen verstärkt auf Linsen, Kichererbsen und Bohnen zu setzen.