Wer hätte nicht gern eine höhere Rente? Mit freiwilligen Zahlungen kann man seine Altersbezüge aufbessern. Aber lohnt sich das? Die Experten von „Finanztest“ (Heft 3/2022) haben das Thema unter die Lupe genommen. Ihr Fazit: Heuer ist ein gutes Jahr für Einzahlungen. Denn ein Rentenpunkt kostet in diesem Jahr rund 500 Euro weniger als 2021. Das heißt: Statt 7726,63 sind nur 7235,59 Euro an die Rentenkasse zu überweisen.
Die günstigen Bedingungen sind der zuletzt schwachen Lohnentwicklung geschuldet. Denn in der Regel steigt der Wert eines Entgeltpunktes jedes Jahr. Ein Rentenpunkt entspricht aktuell einer Rente von 34,19 Euro im Monat. Klingt nicht nach sehr viel. Trotzdem kann sich eine freiwillige Rentenzahlung lohnen, da der Staat in vielen Fällen diese Form der Vorsorge mit Steuerboni unterstützt. Insbesondere für Selbstständige, so Finanztest, sind diese Boni sehr attraktiv.
Grundsätzlich kann man auch bis zum 31. März noch für 2021 nachzahlen, sofern man bisher keine freiwilligen Beiträge bezahlt hat. Die Einzahlbedingungen für 2022 sind aber günstiger. Daher sollte man so viel wie möglich für das Jahr 2022 einzahlen – sofern man nicht ohnehin in beiden Jahren den Höchstbetrag ausschöpfen will.
Aber bevor man sich zu einer Zahlung entschließt, gilt es, viele Punkte abzuwägen (siehe Pro- und Contra-Liste). Das ist nicht immer einfach. „Finanztest“ empfiehlt deshalb, sich vor einer freiwilligen Beitragszahlung umfassend beraten zu lassen – entweder kostenlos bei der Deutschen Rentenversicherung oder von einem Lohnsteuerhilfeverein oder Steuerberater, um alle steuermindernden Aspekte auch einbeziehen zu können.
Bedenken sollten Vorsorgeeinzahler den Experten zufolge auch, dass im Ruhestand auf die Rente Steuern anfallen, wenn auch meist deutlich weniger als im Berufsleben. Dazu kommen für gesetzliche Versicherte die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung von rund elf Prozent.
Ein Beispiel zeigt, wie man grob überschlägt, ob sich das lohnt. Ein Selbstständiger muss 2022 für ein monatliches Rentenplus von 74,36 Euro 8784 Euro selbst aufbringen, zieht man davon großzügig 40 Prozent vom Rentenplus an Steuern und Sozialabgaben ab, blieben 44,62 Euro monatlich. Diese Nettorente müsste er (Stand heute) gut 16 Jahre beziehen, bevor das Investment ins Plus dreht. Statistisch würde er das erleben. Die Lebenserwartung von 65-jährigen Männern liegt laut Statistischem Bundesamt bei weiteren 18 Jahren, bei Frauen sogar bei 21 Jahren.
Wer bei den freiwilligen Zahlungen Steuern sparen kann – hier einige Beispiele:
Selbstständige
Wer selbstständig arbeitet, muss sich in der Regel auch selbst um seine Altersvorsorge kümmern. Ein Baustein dazu können freiwillige Beiträge in die Rentenversicherung sein, um sich langfristig eine Basisversorgung aufzubauen. Steuerliche Vorteile machen diese Art der Vorsorge attraktiv. 2022 können Alleinstehende bis zu 35 639 Euro mit dem Finanzamt abrechnen, Ehepaare das Doppelte. 94 Prozent davon können sie ansetzen. Das sind bei einem Single 24 101 Euro.
Beispiel Peter K., IT-Berater, Single, kinderlos, kommt heuer auf einen Jahresgewinn von 100 000 Euro. Er zahlt den Höchstbetrag von 15 735,60 Euro ein und erhöht damit seine Rentenanwartschaft um 74,36 Euro (Die Ansprüche steigen mit jeder Rentenerhöhung). Durch die Einzahlung spart Peter K. insgesamt 6951 Euro an Einkommensteuer und Soli. Sein effektiver Beitrag zur Altersvorsorge beträgt damit noch 8784,37 Euro. Rund 44 Prozent der Beiträge kommen vom Staat. Liegt der Gewinn von Peter K. nur bei 50 000 Euro und er entscheidet sich, den Regelbetrag von 7343,28 Euro einzuzahlen, steigt sein Rentenanspruch um 34,70 Euro. Mit 2290 Euro Steuerersparnis kommen davon vom Staat von 31 Prozent.
Fazit: Für Selbstständige sind freiwillige Einzahlungen ein bequemer Weg, sich eine Basisvorsorge zu schaffen.
Freiberufler
Ärzte, Apotheker, Architekten, Rechtsanwälte sind in ihren Versorgungswerken pflichtversichert. Freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung können trotzdem interessant sein – abhängig ist dies von der Leistungsfähigkeit des Versorgungswerks. Steuerlich werden Zahlungen an die Rentenkasse oder das Versorgungswerk gleich behandelt, wie sich das auswirkt, zeigt ein Beispiel von „Finanztest“:
Martina S., niedergelassene Ärztin, Single, kinderlos, freiwillig gesetzlich krankenversichert, zahlt 15 735,60 Euro Pflichtbeitrag an ihr Versorgungswerk. Ihr Jahresgewinn 2022 liegt bei 150 000 Euro. 2022 kann sie 25 369 Euro an Vorsorgeaufwendungen ansetzen. Um den Steuervorteil auszuschöpfen, zahlt sie 9903,60 Euro an die Rentenkasse. Dadurch hat sie ein Rentenplus von 46,80 Euro. Ihre Steuerersparnis beträgt 4125,05 Euro und macht damit fast 42 Prozent der Beiträge aus.
Beamte
In der Regel sind Beamte mit ihren Pensionen im Alter gut versorgt. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, für den können freiwillige Einzahlungen in die Rentenkasse dennoch eine Option sein – auch wenn sie steuerlich nicht so gut gestellt sind wie Freiberufler und Selbstständige. Denn da die Rentenversicherung privat Krankenversicherten im Alter einen Zuschuss zahlt, profitieren die überwiegend privat versicherten Beamten unter Umständen sogar mehr von freiwilligen Beiträgen als andere.
Beispiel: Polizist Bernd W. (Single, keine Kinder) hat Bezüge von 50 000 Euro im Jahr. Zahlt er den Regelbeitrag von 7343,28 Euro, steigen seine Rentenansprüche um 34,70 Euro. Hinzu kommt der monatliche Zuschuss für seine Krankenversicherung (für die er selbst 250 Euro aufbringen muss) von 2,76 Euro. Seine Steuerersparnis liegt bei 2441 Euro, das sind rund 33 Prozent.
Frührentner
In der Regel ist es steuerlich günstiger, im Berufsleben mehr an die Rentenkasse zu überweisen. Aber wer als Frührentner seine Rente aufstocken möchte, weil er zum Beispiel etwas geerbt hat, der sollte sich durchaus mal durchrechnen, ob sich das nicht lohnen könnte.
Beispiel Siegfried M.. Der Frührentner bezieht 21 600 Euro Rente im Jahr, ist kinderlos und in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert. Zahlt er heuer 7343,28 Euro in die Rentenkasse, erhöht sich seine Rente, wenn er die Regelaltersgrenze erreicht hat, um 34,70 Euro im Monat. Steuerlich bewirkt die Einzahlung, dass seine Einkommensteuern in Höhe von 933 komplett entfallen. Effektiv hat er so nur 6410,28 Euro bezahlt.
Ausbildung
Wer unter 45 Jahre alt ist, kann Beiträge für Schule, Ausbildung oder Studium nachzahlen. Die Regularien sind aber kompliziert.
Hier ein Beispiel: Anna S. (41) hat lange studiert und kann deshalb für insgesamt 18 Monate zusätzliche Rentenbeiträge nachzahlen. Da es ihr aber nicht um die Aufstockung der Rente, sondern um das Erreichen der Mindestversicherungszeit geht, zahlt sie den Mindestbeitrag – insgesamt 1506,50 Euro, Ihr Rentenplus fällt mit 7,12 Euro zwar klein aus, aber steuerlich machen sich die Beiträge, da sie gut verdient (62 000 Euro/Jahr) bemerkbar. 544 Euro (36 Prozent) gibt es vom Finanzamt zurück.
50 plus
Wer über 50 ist, kann in Sachen Rente noch einen Schlussspurt hinlegen und Sonderbeiträge in die Rentenkasse einzahlen, die die bisher genannte Höchstgrenze sogar überschreiten dürfen, Um welchen Betrag, hängt von den persönlichen Umständen ab.
Beispiel: Maria L. Die 50-jährige Facharbeiterin (kinderlos, gesetzlich Krankenversichert) möchte Abschläge für einen Rentenstart mit 63 ausgleichen. Sie hat immer durchschnittlich verdient (2022: 38 901 Euro) und müsste aktuell mit monatlich 220,01 Euro an Abzügen rechnen. Um dies auszugleichen, wären 54 393,69 Euro nötig. Könnte sie die volle Summe aufbringen, bekäme sie vom Finanzamt 4663 Euro zurück (das sind nur 8,6 Prozent). Etwas besser stünde sie steuerlich da, wenn sie die Summe über drei Jahre verteilen würde.
Familienarbeit
Auszeiten für die Familie haben satte Rentenabschläge zur Folge. Freiwillige Beiträge eignen sich, um solche Zeiten zu überbrücken vor allem für die, die später wieder beruflich einsteigen und die später nicht vom Partner abhängig sein wollen. Der Staat hilft dabei. Beispiel: Lena K. hat einen tollen Job in der Pharmaindustrie und verdient 100 000 Euro im Jahr. Ihr Mann Oscar kümmert sich um die zwei Kinder und den Haushalt. Damit er eine eigene Altersvorsorge hat, zahlt das Paar den Regelbeitrag von 7343,28 Euro ein. Oscars Rente erhöht sich dadurch monatlich um 34,70 Euro. Die Zahlung mindert die Steuer des Paares um 2180 Euro – das entspricht fast 30 Prozent der Zahlungen.
Tipps
Zusätzliche Einzahlungen muss man beantragen. Entsprechende Formulare findet man unter deutsche-rentenversicherung.de Die Beiträge zahlt man in der Regel monatlich. Die Höhe legt man selbst fest: 2022 mindestens 83,70 Euro und höchsten 1311,30 Euro. Die Beitragshöhe kann man per Antrag jederzeit ändern oder ganz beenden. Die Beiträge sollte man immer als Altersvorsorgeaufwendungen in der Steuererklärung geltend machen.
Pro & Contra
Freiwillige Einzahlungen – Das spricht dafür:
. Lebenslanger Geldfluss im Alter
. hohe Verlässlichkeit bei der Auszahlung
. gute Planbarkeit
. wenig Aufwand im Alter
. Inflationsschutz durch Rentensteigerungen
. Hinterbliebenenschutz
. Rentenfreibetrag bei Bezug von Grundsicherung im Alter (2022: 224,50 Euro)
. keine Kapitalmarktrisiken
. hohe Steuererleichterungen während des Berufslebens möglich
. jederzeit Zugriff auf die Berechnungsgrundlagen
. solidarisches Investment
. Rentenanwartschaften sind insolvenzgeschützt
. keine Gerichtskosten bei Streit mit dem Rentenversicherungsträger
. kostenfreies Beratungsangebot
Das spricht dagegen:
. Rendite hängt stark von der eigenen Lebensdauer ab und ist schwer einzuschätzen
. Rahmenbedingungen wie Beitragssatz oder Rentenaltersgrenze können sich ändern. Auch das macht das Investment schwer einschätzbar
. kein Zugriff mehr auf das einmal eingezahlte Geld während des Berufslebens
. im Alter fallen Steuern an und für gesetzlich Versicherte Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
. das Geld kann nicht mehr vererbt werden.
. Gesamtkapitalauszahlung zu Rentenbeginn ist nicht möglich. wdp