Dadurch, dass Ihr Mann Sie als Alleinerbin in seinem Testament eingesetzt hat, hat er seinen Sohn, beziehungsweise Ihren Stiefsohn, von der Erbfolge ausgeschlossen und ihm steht im Erbfall ein Pflichtteilsanspruch gegen Sie als Alleinerbin zu. Bei der Berechnung des Pflichtteils Ihres Stiefsohnes sind als Ergänzung Schenkungen zu berücksichtigen, die Ihr Mann an Dritte gemacht hat (der sogenannte Pflichtteilsergänzungsanspruch). Die Grundstücksübertragungen 2004 und 2019 an Sie sind unentgeltliche beziehungsweise teilweise unentgeltliche Zuwendungen und somit ergänzungspflichtig. Allerdings sieht das Gesetz hierbei vor, dass nur diejenigen Schenkungen, die innerhalb von 10 Jahren zwischen Schenkung und Todesfall erfolgt sind, ergänzungspflichtig sind. Ausgenommen von dieser 10-Jahresfrist sind nach der Rechtsprechung aber solche Schenkungen, mit denen für den Schenker wirtschaftlich kein Vermögensverlust einhergegangen ist, was bei einer Schenkung unter Vorbehalt eines Nießbrauchs und je nach konkreter Gestaltung auch bei einer Schenkung unter Vorbehalt eines Wohnrechts der Fall ist. Somit beginnt bei solchen Gestaltungen die 10-Jahres Frist gar nicht erst zu laufen, sodass diese Schenkungen unabhängig vom Zeitpunkt der Leistung ergänzungspflichtig bleiben. Gleiches gilt von Gesetzes wegen auch für Schenkungen unter Ehegatten, denn die 10-Jahres Frist beginnt hier erst mit der Auflösung der Ehe zu laufen. Im Ergebnis lösen die beiden Schenkungen Ihres Mannes an Sie unabhängig von der 10-Jahres-Frist immer einen Pflichtteilsergänzungsanspruch Ihres Stiefsohnes aus. Dies könnte mit Einverständnis Ihres Stiefsohnes durch dessen Pflichtteilsverzicht verhindert werden, wofür ein notarieller Vertrag erforderlich wäre.