Bundessozialgericht beendet „Krankengeldfalle“

von Redaktion

Das Bundessozialgericht (BSG) hat die sogenannte Krankengeldfalle endgültig beendet. Nach zwei am Freitag bekannt gegebenen Urteilen vom Vortag sichern nahtlose Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausnahmslos auch arbeitslos gewordenen Versicherten den weiteren Krankengeldbezug. Damit wiesen die obersten Sozialrichter Versuche der BMW-BKK und AOK Bayern ab, Versicherte aus dem Leistungsbezug zu nehmen. (Az: B 3 KR 4/21 R und B 3 KR 9/21 R)

Früher gab es beim Krankengeld andere Regeln als bei der Lohnfortzahlung. Bei einer Krankschreibung bis Freitag reichte es für Letztere schon immer aus, sich am Montag die Folgebescheinigung zu holen. Für den lückenlosen Bezug von Krankengeld war dagegen eine Folgebescheinigung noch am Freitag notwendig. Rückwirkende Bescheinigungen wurden nicht akzeptiert. Weil viele Versicherte dies nicht wussten und auch Ärzte dies oft übersahen, tappten kranke Versicherte in die Falle. Für weiterhin pflichtversicherte Arbeitnehmer war dies ärgerlich, aber nicht dramatisch. Im Beispiel ruhte für sie der Krankengeldanspruch am Samstag und Sonntag, lebte mit der neuen Bescheinigung am Montag aber wieder auf.

Ganz anders sah es bei Versicherten aus, die wegen ihrer lange andauernden Erkrankung ihren Arbeitsplatz verloren. Laut Gesetz bleiben sie versichert, solange ein Anspruch auf Krankengeld besteht. Bei einer Lücke von nur einem Tag oder oft einem Wochenende ging dieser Schutz und damit auch der Anspruch auf Krankengeld dauerhaft verloren. Der Gesetzgeber hatte mehrfach nachgebessert, um Versicherte vor der Wochenendfalle und ähnlichen Problemen zu bewahren. So reicht inzwischen eine nahtlose Bescheinigung für alle Werktage aus, wobei der Samstag nicht als Werktag zählt. Seit Mai 2019 haben arbeitslos gewordene Versicherte sogar einen Monat Zeit, die Folgebescheinigung nachzureichen, was insbesondere psychisch Kranken zugutekommt. In den nun entschiedenen Fällen wollten die Krankenkassen dies nicht als allgemeingültig gelten lassen und suchten nach neuen Lücken. Dem hielt das BSG nun das Ziel des Gesetzgebers entgegen, Versicherte vor Krankengeldausfällen zu bewahren.

Konkret urteilte das BSG, dass auch bei verschiedenen Erkrankungen oder einem Wechsel von Arbeitsunfähigkeit zu einem Klinikaufenthalt eine nahtlose Bescheinigung für alle Werktage ausreicht. Eine Überlappung ist auch dann nicht mehr erforderlich.

Weiter stellten die Kasseler Richter klar, dass Bescheinigungen und Sachverhalte jeweils tageweise gelten. Bei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis einschließlich Dienstag und einer Klinikaufnahme um zehn Uhr am Mittwoch können die Krankenkassen daher nicht eine Lücke für die Zeit am Mittwoch zwischen Mitternacht und zehn Uhr konstruieren.

Zudem bekräftigte das BSG ein Urteil aus 2020, wonach eine Bescheinigungslücke unschädlich ist, wenn Versicherte alles Zumutbare versuchten, die Bescheinigung rechtzeitig zu bekommen. In dem neuen Fall hatte die Hausarztpraxis wegen eines Trauerfalls kurzfristig geschlossen.  afp

Artikel 6 von 6