Zwar im Minus aber doch relativ gut gehalten: Das kann man dem Deutschen Aktienindex Dax für den April attestieren. Trotz der widrigen Umstände hat das Börsenbarometer seit Ende März „nur“ rund 400 Punkte oder gut 2,5 Prozent verloren. Zwar war die Schwankungsbreite mit 1000 Zählern zwischen 14 600 und rund 13 550 hoch. Aber einen Absturz der Kurse hat es nicht gegeben. Dabei lässt sich allenfalls ein positiver Faktor für die Aktienkurse ausmachen: Die Tatsache, dass die Unternehmen in diesen Wochen und Monaten mit mehr 50 Milliarden Euro eine so hohe Dividendensumme an ihre Anteilseigner ausschütten wie nie zuvor.
Aber das Umfeld bliebt widrig: Der grausame Putin-Krieg in der Ukraine mit der Folge von rasant steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreisen, eine galoppierende Inflation, steigende Zinsen, zunehmend gestörte Lieferketten und der Lockdown in Shanghai und anderen chinesischen Millionenstädten, der für zusätzliche Knappheiten bei Zulieferteilen sorgt. Und letztlich die generell eingetrübten Konjunkturaussichten und die gedämpfte Stimmung bei Unternehmen und Verbrauchern.
Das ist eine seit Jahren nicht mehr gesehene Mischung von negativen Umständen, die dazu angetan ist, die Börse und die Aktienkurse deutlich in die Knie zu zwingen. Manfred Bucher, Aktienstratege der BayernLB spricht von einem „toxischen Mix“. Trotzdem ist an der Börse noch nichts Dramatisches passiert. Noch nicht?
Marktbeobachter wie die Aktienstrategen der öffentlichen Banken sind aber vorsichtiger geworden, zumindest Volker Sack von der NordLB ist sogar skeptisch. Er fürchtet, dass der Dax in den nächsten Monaten auf nur noch 11.500 Zähler abrutschen könnte. Anlegerinnen und Anleger müssten damit rechnen, dass die aktuellen Probleme noch länger Bestand haben dürften. Wenn nicht, sieht er allerdings auch Potential bis 15 000. Die anderen Auguren trauen dem Dax auf Sicht von zwölf Monaten sogar bis zu 16 200 Zählern zu, im Schnitt immerhin noch 15 190 Punkte. Nach Ansicht von Joachim Schallmayer von der DekaBank muss es angesichts des extrem schwierigen Umfeldes derzeit vor allem um eines gehen: Den Vermögenserhalt. Die Chance dies zu erreichen sei immer noch mit Aktien am größten. Auch im Blick auf die Inflation. Trotz steigender Zinsen gebe es keine ernstzunehmenden Anlage-Alternativen zu Aktien. Denn die steigenden Zinsen werden durch die hohe Inflation mehr als aufgefressen. Unter dem Strich bleibe die reale Rendite negativ.
Trotzdem werden die Aktienstrategen auf die Notenbanken schauen. Die US-Notenbank Fed dürfte die Zinsen noch schneller und stärker anheben als erwartet, mit einem deutlichen Schritt in der anstehenden Woche. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) wird wegen der Inflationsrate von fast acht Prozent wohl schon im Sommer mit einem ersten Zinsschritt reagieren. Steigende Zinsen sind bekanntlich Gift für die Aktienkurse, auch wenn der weiter gehende Anstieg den Börsianern längst klar ist. ROLF OBERTREIS