Finanzhaie kaufen Russland-Fonds zum Ramschpreis

von Redaktion

VON ANDREAS HÖSS

Egal ob Gazprom, Lukoil oder Sberbank: Seit Monaten sind russische Aktien für deutsche Anleger nicht mehr handelbar. Das bringt auch Russland- und Osteuropa-Fonds in Bedrängnis, sie sind meist ebenfalls vom Handel ausgesetzt. Anleger können Fondsanteile derzeit also weder kaufen noch verkaufen und kommen somit vorerst nicht an ihr investiertes Kapital. Nun bieten einige Kapitalgesellschaften an, solche Fonds-Anteile zu kaufen. Doch sind die Offerten seriös? Und lohnen sie sich für Anleger?

Von wem kommen die Kaufangebote?

Sie stammen von Gesellschaften wie Metafina, Trimax Capital oder Daniels Invest, die auf illiquide Wertpapiere spezialisiert sind. Das Geschäftsmodell: Die Firmen kaufen Wertpapiere, die wegen einer Notsituation billig zu haben sind. Im aktuellen Fall sind das Aktien und Aktienfonds, die durch den Ukraine-Krieg und die Russland-Sanktionen derzeit nicht mehr gehandelt werden können. Das Kalkül der Gesellschaften: Sie wetten darauf, dass die Aktien und Fonds irgendwann wieder veräußert werden können und sie dann viel Gewinn mit den Papieren machen.

Für welche Papiere gibt es momentan Offerten?

Trimax und Daniels Invest kaufen vor allem russische Aktien wie Gazprom oder Sberbank. Die Offerten von Metafina beziehen sich dagegen auf Russland-Fonds. Bei Metafina laufen bis Anfang Juni noch Kaufangebote für den Templeton Eastern Europe und den Blackrock Emerging Europe, bis 8. Juni gibt es zudem Angebote für den Amundi Eastern Europe and Mediterranean sowie den JP Morgan Emerging Europe. Je 20 bis 40 Prozent des Kapitals der Fonds stecken in Russland-Aktien. Bevor die Produkte im Frühjahr vom Handel ausgesetzt wurden, war in sie insgesamt über eine halbe Milliarde Euro investiert.

Für wen sind die Angebote interessant?

Bei Metafina heißt es, die Angebote seien für Anleger von Interesse, die das investierte Geld sofort brauchen. Außerdem könne man durch einen Verkauf der Fonds die Verluste steuerlich geltend machen. Das geht, sofern die Depotbank dem Finanzamt den verlustreichen Verkauf des Fonds bescheinigt.

Muss man sich vor Betrug fürchten?

Verkaufen die Anleger ihre Anteile über die Depotbank, gibt es eine gewisse Sicherheit. Metafina beteuert zum Beispiel, dass sie der Depotbank den Kaufbetrag für die Fondsanteile vorab überweist und die Depotbank das Geld dann nach Angebotsende automatisch an den Wertpapierinhaber weitergibt. Wer eine Kaufoption erhält, sollte sich bei Depotbank und Käufer aber sehr genau über die Modalitäten erkundigen.

Sind die Angebote für den Verkäufer lukrativ?

Wer ein illiquides Wertpapier kauft, nimmt dem Verkäufer das Risiko des Totalverlustes ab. Entsprechend miserabel sind die Angebote preislich. Metafina bietet je nach Fonds zum Beispiel zwischen zehn und 20 Prozent des Preises, zu dem die Produkte bei der Handelsaussetzung im März notiert waren. Allerdings hatten sie damals schon im Vorfeld massiv an Wert verloren. Beispiel JP Morgan Emerging Europe: Dessen Anteile kosteten noch im Herbst 2021 über 40 Euro, nun bietet Metafina einen Kauf zu 4,75 Euro je Anteil an. Und das, obwohl nur 30 Prozent der Aktien im Fonds aus Russland kommen. Der Rest ist in Titel aus Ländern wie Polen, Ungarn oder Österreich investiert. Anders als Russland-Aktien sind diese Papiere problemlos handelbar und drohen auch nicht wertlos zu werden. Noch schlechter sind übrigens die Offerten für Einzelaktien. Für Gazprom wurden zuletzt zum Beispiel nur zwei bis vier Cent je Aktie geboten.

Raten Anlegerschützer zum Verkauf?

Für Anleger laufe es auf eine Abwägung hinaus, sagt Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Einerseits würden Anleger durch den Verkauf der Fondsanteile Risiken los und immerhin noch einen Bruchteil ihres Geldes bekommen. Andererseits realisiere man dadurch aber hohe Verluste und beraube sich der Chance, doch noch halbwegs heil aus der Sache herauszukommen. „Wer Zeit hat und das Geld nicht dringend braucht, sollte lieber abwarten“, so die Anlegerschützerin. „Die Anlagegesellschaften würden sicher kein Angebot für ihre Anteile machen, wenn sie davon ausgehen würden, dass diese auf Dauer wertlos sind.“

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