Die Teuerung in Deutschland kratzt an der Acht-Prozent-Marke. Im Mai zog die Inflation auf bereits rekordverdächtigem Niveau weiter an: Die Verbraucherpreise lagen um 7,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Das teilte das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten mit.
Rekordwerte
Im März war die jährliche Teuerungsrate von zuvor 5,1 Prozent sprunghaft auf 7,3 Prozent gestiegen, im April lag die jährliche Teuerungsrate bei 7,4 Prozent. Von April auf Mai 2022 zogen die Preise den vorläufigen Zahlen zufolge um 0,9 Prozent an. In Bayern stiegen die Verbraucherpreise sogar um 8,1 Prozent.
Inflationsraten auf diesem Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland zuvor nicht. In den alten Bundesländern muss man in der Zeitreihe bis in den Winter 1973/1974 zurückgehen, um ähnlich hohe Werte zu finden. Damals waren die Mineralölpreise infolge der ersten Ölkrise stark gestiegen.
Preistreiber
Auch aktuell treiben stark gestiegene Energiepreise die Inflation in Deutschland wie im Euroraum insgesamt. In Bayern kostete Heizöl gut 91 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Auch die Kraftstoffpreise stiegen nach Angaben des Statistischen Landesamtes um fast 41 Prozent. Selbst ohne diese Preistreiber hätte die Inflationsrate noch bei 6,2 Prozent gelegen, errechneten die Experten. Denn auch die Nahrungsmittelpreise in Bayern zogen mit 9,7 Prozent stark an. Insbesondere die Preise für Fleisch- und Fleischwaren kletterten überproportional (plus 16,5 Prozent), ebenso Molkereiprodukte und Eier (plus 13 Prozent). Um stattliche 35,4 Prozent verteuerten sich Speiseöl und Speisefette im Jahresvergleich. Auch technische Produkte trugen zur allgemeinen Teuerung bei: So mussten Verbraucher für tragbare Computer 12 Prozent mehr hinlegen als ein Jahr zuvor.
Einfuhren
Auch der Preisauftrieb aus dem Außenhandel setzt sich fort. Im April stiegen die Preise für nach Deutschland importierte Waren zum Vorjahresmonat um 31,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt berichtete. Das ist der stärkste Zuwachs seit September 1974, als die erste Ölkrise für einen noch deutlicheren Schub sorgte. Unverändert steigen auch hier die Energiepreise besonders stark. Importierte Energie war um mehr als 157 Prozent teurer als ein Jahr zuvor. Hauptgrund ist ein starker Anstieg der Gaspreise, die sich im Jahresvergleich mehr als vervierfachten. Rohöl und Mineralölprodukte wie Benzin waren ebenfalls erheblich teurer. Eingeführte Steinkohle kostete 322 Prozent mehr.
Die Einfuhrpreise stellen eine von mehreren Preisstufen dar, die auf die Verbraucherpreise einwirken.
Gründe/Folgen
Dieser seit Monaten zu beobachtende Trend hat sich durch den russischen Angriff auf die Ukraine noch verschärft. Zudem hat die Industrie wie schon während der Corona-Pandemie damit zu kämpfen, dass Lieferketten nicht reibungslos funktionieren. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger leisten können. Die Bundesregierung hat zwei milliardenschwere Pakete geschnürt, um die Menschen zu entlasten.
Löhne
Wegen der Inflation bleibt Arbeitnehmern weniger Geld in der Tasche – trotz deutlich steigender Löhne. So legten zwar die Löhne einschließlich Sonderzahlungen in den ersten drei Monaten um vier Prozent gemessen am Vorjahreszeitraum zu. Allerdings stiegen die Verbraucherpreise im selben Zeitraum um 5,8 Prozent. Unterm Strich gingen die Verdienste daher preisbereinigt (real) um 1,8 Prozent zurück.