RECHT

Was bringt ein Bedürftigentestament?

von Redaktion

Ein Testament aufsetzen – nicht immer lässt sich dies einfach bewerkstelligen. Vor allem dann nicht, wenn in dem Testament Personen wie etwa der Ehegatte, die Tochter oder der Sohn begünstigt werden sollen, die wegen einer Privatinsolvenz oder als Hartz-IV-Empfänger bedürftig sind. Die Lösung in solchen Fällen: Ein Bedürftigentestament.

Denn würden sie etwas erben, könnten darauf umgehend die Gläubiger oder das Sozialamt zugreifen. Mit einem Bedürftigentestament lässt sich erreichen, dass nach dem Tod des Erblassers der bedürftige oder überschuldete Erbe bestimmte Zuwendungen erhält, die seine oder ihre Lebenssituation verbessert – ohne dass Gläubiger oder der Staat Ansprüche auf das Erbe erheben. „Bei einer solchen Erbkonstruktion bleibt das Vermögen in der Familie und geht nicht an andere“, sagt Paul Grötsch, Münchner Fachanwalt für Erbrecht. Es erfolgt auch keine Anrechnung der Zuwendungen auf Sozialleistungen.

In einem Bedürftigentestament geht es generell darum, dass Erblasser einen bedürftigen Erben als Vorerben einsetzen, zugleich einen Nacherben bestimmen und außerdem einen Testamentsvollstrecker benennen. Mit dem Einsatz von Vor- und Nacherben können Sozialhilfeträger keine finanziellen Forderungen an den Bedürftigen erheben und verlangen. Worum handelt es sich genau? Der Vorerbe ist quasi nur auf Zeit Erbe. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, den Nachlass für den Vorerben zu verwalten. Verstirbt der Vorerbe, geht das Erbe auf den Nacherben über. Aber in dem Zusammenhang sind noch weitere Punkte zu beachten. „So gibt es den sogenannten befreiten Vorerben und den nicht befreiten Vorerben“, erläutert Wolfram Theiss, Spezialist für Erbrecht in München. Ein befreiter Vorerbe kann nach seinem oder ihrem Ermessen über den Nachlass und seine Verwendung entscheiden, der Nacherbe muss dies so hinnehmen. „In dem Fall kann der Sozialhilfeträger aber die Zahlungen einstellen, weil ja der Bedürftige über Vermögen verfügt“, so Theiss.

Um dies zu verhindern, sollten Erblasser den bedürftigen Erben als sogenannten nicht befreiten Vorerben einsetzen. Der Nachteil hierbei: Dieser darf nicht über den Nachlass und seine Verwendung bestimmen. Der bedürftige Vorerbe muss immer erst die Zustimmung des Nacherben einholen, wenn er oder sie nicht nur die Erträge, sondern das Erbe für sich verwenden will. „Die Folge kann sein, dass der Vorerbe sich gegängelt fühlt und es dadurch zu Streit kommt“, sagt Grötsch.

Theiss nennt ein Beispiel: Eine Erblasserin verfügt in einem Bedürftigentestament, dass ihr Sohn als nicht befreiter Vorerbe ein Wertpapier-Depot bekommt. „Der Bedürftige kann zwar die Erträge aus dem Depot, nicht aber die Substanz des Wertpapier-Depots für sich nutzen“, so Theiss. Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist es nun, diese Erträge zu verwalten und damit bestimmte Sachleistungen zu finanzieren.

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