Der Aktienmarkt steckt weiter im Krisenmodus. Die zwischenzeitlich aufgekeimte Hoffnung im August ist weitgehend verflogen. Auch wenn der Deutsche Aktienindex Dax am Freitag zeitweise wieder deutlich um drei Prozent oder fast 400 Punkte nach oben raste und sogar die Marke von 13 000 Zählern überwand. Aber die Verunsicherung ist und bleibt hoch. Derzeit treiben die Börsianer vor allem die Notenbanken um, und dabei vor allem die Europäische Zentralbank (EZB). Die Zeichen mehren sich, dass die 25 Ratsmitglieder am kommenden Donnerstag den Leitzins erneut und dann nicht nur um 0,5 Punkte erhöhen, sondern mit 0,75 Punkten einen sehr großen Zinsschritt wagen. Grund: Die Inflation dürfte in den kommenden Monaten von zuletzt schon rekordhohen 9,1 Prozent in der Eurozone weiter auf zweistellige Werte fallen. Und sich damit noch weiter vom Zwei-Prozent-Ziel der EZB entfernen. Höhere Zinsen sind generell Gift für den Aktienmarkt, weil sie Sparanlagen und Anleihen tendenziell einen Vorteil verschaffen. Zwar fahren auch Banken und Volksbanken die Spar- und Tagesgeldzinsen langsam nach oben. Auf Tagesgeld gibt es weiter aber maximal in der Spitze nur rund 0,5 Prozent Zinsen.
Andererseits lasten die vor allem aufgrund des russischen Überfalls auf die Ukraine (und jetzt auch der anhaltenden Dürre und des niedrigen Wasserstandes auf den Flüssen) hohen und vermutlich noch weiter steigenden Energiepreise auf den Unternehmen und auch auf den Verbrauchern. Bei den Unternehmen dürften die Gewinne unter Druck geraten, bei den Verbrauchern bleibt immer weniger Geld für den Konsum übrig. Was wiederum die Unternehmen trifft. Nur die Mineralölkonzerne reiben sich die Hände. Sven Streibel von der DZ Bank führt auch die Null-Covid-Politik in China als anhaltendes Risiko an. Ganz abgesehen von den steigenden Rezessionsgefahren. „Die Furcht vor Einbußen bei den Unternehmensgewinnen infolge der Konjunktureintrübung nimmt zu.“ Konsequenz für DZ-Bank-Experte Streibel: Er reduziert seine Dax-Prognose für das Jahresende von 14 500 auf 14 000 Punkte. Allerdings könne es zwischenzeitlich auch bis auf 12 500 runtergehen. ROLF OBERTREIS