München – Ein Lichtschimmer am Ende des Tunnels: Der starke Preisanstieg für landwirtschaftliche Produkte hat sich im Juli im Vergleich zu 2021 um 0,8 Prozent verringert. Trotzdem meldete das Statistische Bundesamt gestern, dass die Preise immer noch um satte 33,4 Prozent höher sind als im Juli 2021. Im Mai hatte der Anstieg sogar bei 35,6 Prozent gelegen.
Getreide
Den Preisanstieg bei den pflanzlichen Produkten mit plus 25,8 Prozent im Vergleich zu Juli 2021 führen die Statistiker vor allem auf die Getreidepreise zurück, die um 53,2 Prozent höher lagen als im Vorjahr. Allerdings gingen die Preise von Juni auf Juli um 10,9 Prozent zurück. Große Preissprünge gab es vor allem beim Brotgetreide, dem Weizen. Wie Andreas Löbhard von der Marktberichtsstelle im Bayerischen Bauernverband erklärt, sind die Preise nicht mehr auf dem Niveau des Frühsommers, wo der Erzeugerpreis für einen Doppelzentner Weizen bei 38,50 Euro lag. „Jetzt sind wir bei 32 Euro.“ Es gebe aber enorme Preissprünge an den Börsen – „wenn der russische Präsident Wladimir Putin den vereinbarten Getreidekorridor aus der Ukraine in Frage stellt, gehen die Preise hoch“.
Kartoffeln
Einen enormen Preisanstieg gibt es bei Kartoffeln. Sie sind um 33,1 Prozent teurer als vor einem Jahr. Andreas Löbhard führt das auf die schwierigen Witterungsverhältnisse zurück. „Für den Verbraucher war es ein angenehmer Sommer, aber der Juli mit den hohen Temperaturen und fehlenden Niederschlägen hat die Ertragsbildung gerade bei den Kartoffeln erheblich verschlechtert.“ Bei Temperaturen über 26 Grad sei das Wachstum eingeschränkt – daher gibt es heuer wohl eher kleinere Knollen. Ob der Anstieg der Erzeugerpreise eins zu eins an die Verbraucher weitergegeben werde, das liege nun beim Einzelhandel.
Milch
Der Preis, den Milchbauern für einen Liter konventionelle Milch (4,2 Prozent Fett/3,4 Prozent Eiweiß) erzielten, ist laut Hans-Jürgen Seufferlein vom Verband der Milcherzeuger Bayern von 37,5 Cent im August 2021 auf 53,8 Cent im Juli 2022 gestiegen. Erstaunlich die Entwicklung bei der Biomilch: Deren Preis stieg von 50,3 auf 57,7 Cent. Das heißt: Derzeit liegen die Milchpreise, die Bauern für Biomilch und konventionelle Milch erzielen, nahezu gleichauf. Dem Verbraucher bietet sich ein schwieriges Bild: Die Eigenmarken des Einzelhandels sind teurer als Hersteller-Marken wie Andechser, Berchtesgadener Land oder Unser Land. „Die Annahme, ,Bio ist teurer als konventionell’ stimmt derzeit durch die Bank nicht mehr. Das verunsichert die Verbraucher“, sagt Seufferlein. Hinzu kämen dramatische Preissprünge – „etwa bei der Biomilch am 30. Juni um 50 Cent von 1,15 auf 1,69 Euro pro Liter für die Eigenmarke, die jetzt teurer ist als die Biomilch von Berchtesgaden, die derzeit 1,49 Euro kostet“. Gleiches zeige sich bei der Butter. „Normalerweise müssten die Herstellermarken davon profitieren. Aber sie tun es nicht. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier: Er glaubt nach wie vor, dass die Eigenmarken günstiger sind, und vergleicht nicht vor Ort.“ Daher der Rat des Experten: Genau hinschauen! Insgesamt sind die Milchprodukte im Vergleich zum Vorjahr auch wegen steigender Energiekosten deutlich teurer geworden – bei einem 250-Gramm-Paket Butter (sowohl Bio als auch konventionell) rund ein Euro mehr als im Vorjahr.
Fleisch
Beim Fleisch macht sich laut Andrea Grimm von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) bemerkbar, dass die Tierbestände sowohl bei Rindern als auch bei Schweinen rückläufig sind. Für ein Kilo Rindfleisch vom Jungbullen erzielte der Bauer 2021 durchschnittlich 4,09 Euro, in diesem August waren es 4,90 Euro. Beim Schweinefleisch stiegen die Erzeugerpreise von 1,39 Euro auf zwei Euro. Der Grund dafür liegt hauptsächlich in den gestiegenen Energie-, Dünger- und Futterkosten.
Obst und Gemüse
Es gibt aber auch gute Nachrichten für Verbraucher. So sanken die Erzeugerpreise von Tomaten verglichen mit dem Vorjahr (minus 29 Prozent) und Äpfeln (minus 17,1 Prozent) deutlich. „Gerade kommt der heimische Apfelmarkt richtig in Schwung“, begründet Maria Linderer von der Landesanstalt die Senkung beim Obst. Auch bei den Tomaten sei nun alles reif. Verbraucher müssten aber im Herbst und Winter mit höheren Preisen rechnen, weil die stark steigenden Energie- und Lohnkosten noch nicht eingepreist seien.