In den Supermarkt, Produkte kaufen, diese testen und auswerten und dann einen Testbericht veröffentlichen – so sieht der Alltag der Stiftung Warentest üblicherweise aus. Beim aktuellen Test von Olivenöl kam diese Routine jedoch offenbar an ihre Grenzen, und das schon von Anfang an: Weil das in der Ukraine hergestellte Sonnenblumenöl seit dem Angriff Russlands auf seinen Nachbarn Mangelware ist, stiegen viele Verbraucher auf Olivenöl um. Deshalb waren viele Regale für Olivenöl leer, als die Tester im März im Supermarkt die gewünschten Waren kaufen wollten. Anders als üblich ließen sich die Experten dann wohl oder übel direkt von den Anbietern beliefern. Und das auf die Gefahr hin, ihnen damit eine Möglichkeit zum Mogeln zu eröffnen.
Einige nutzen diese Chance offenbar. Bei Nachtests rochen und schmeckten jedenfalls wieder verfügbare Vergleichsproben aus dem Handel, die sich die Tester nach und nach besorgt hatten, plötzlich völlig anders als die von den Anbietern zum Test verschickten Öle. Und auf die Geschmackstests ist laut Stiftung Warentest immer Verlass: „Kein Gerät, keine chemische Analyse erledigt die Prüfung so exakt wie die menschliche Nase“, sagt die Stiftung. Die Verkostung hätten, wie von der EU vorgegeben, mindestens acht Verkoster gemeinsam vorgenommen, die allesamt – auch das gibt es – einem staatlich geprüften Olivenöl-Panel angehören. Sieben der 26 Öle flogen deshalb hochkant aus dem Test, nämlich Gut & Günstig Natives Olivenöl extra von Edeka, das Öl von Fiore, das von Penny sowie je zwei von Kaufland und Rewe. Weil bei den Kaufland-Produkten zufällig die Chargennummern gleich waren, ließ sich dort mithilfe eines Identitätsnachweises über die Nahinfrarot-Spektroskopie feststellen, dass es sich um unterschiedliche Olivenöle handelte. Man kann also durchaus mutmaßen, dass die Anbieter bessere Öle an die Tester geschickt hatten, um bessere Noten zu erhalten.
Mit 19 Olivenölen blieben dennoch genug Produkte im Test – alle aus der höchsten Güteklasse „nativ extra“. Erfreulicherweise ließen sich bei keinem von ihnen Pestizide nachweisen, egal ob sie ein Biosiegel trugen oder nicht. Dafür schmeckten die Bio-Produkte von Müller, Coravita, Denns Biomarkt und von der Bio-Zentrale „ranzig“ oder nach „alter Nuss“ (beides Fachbegriffe), dass sie laut EU-Verordnung eigentlich gar nicht hätten verkauft werden dürften, so die Verkoster. Sie erhielten deshalb alle die Note „mangelhaft“. In den Ölen von Müller und Corovita fanden die Tester außerdem womöglich gesundheitsschädliche Rückstände von Mineralöl. Laut Labordaten könnten diese von Schmierölen stammen, mit denen man Maschinen pflegt. Kunden bekommen hier also Maschinenöl im Olivenöl, eine weniger schöne Vorstellung. Das Olivenöl von Müller ist auch das einzige im Test, das nur sehr wenig Polyphenole enthält. Die sind aber gesund und tragen dazu bei, die Blutfette zu schützen.
Die restlichen Olivenöle im Test haben sogar einen so hohen Polyphenol-Anteil, dass die Anbieter damit werben dürften, was erstaunlicherweise aber keiner von ihnen macht. Ohnehin sind viele Olivenöle im Handel absolut in Ordnung. Die beiden Olivenöle von Netto erhalten von der Stiftung Warentest immerhin ein „Befriedigend“, zwölf dagegen ein „Gut“, darunter die Bio-Olivenöle von Rossmann, Alnatura, Lidl und Aldi sowie die konventionellen Olivenöle von De Cecco, Aldi, Filippo Berrio und Bertolli, die zwischen 5,75 (Aldi und Lidl) und elf Euro (De Cecco) kosten.
Regelrecht begeistert waren die Verkoster vom Crudo Sei Cinque Zero aus der süditalienischen Provinz Bari, dem einzigen Ölivenöl mit einem „sehr gut“. Es schmecke sehr ausgewogen nach Gras, grüner Mandel, grünem Apfel und grüner Banane. „Eine kulinarische Perle“, fanden die Verkoster, die auch „etwas für Feinschmecker“ sei. Das zeigt auch schon sein Preis: Mit 36 Euro für den halben Liter kostet das Crudo-Öl ungefähr das Dreifache wie das zweitteuerste Olivenöl im aktuellen Test. Dieser Preis wird nicht jedem schmecken, doch es gibt gute Alternativen: Die Bio-Öle auf Platz Zwei und Drei von Bertolli und Edeka Bio sind mit einem Notenschnitt von 2,1 nur minimal schlechter bewertet und kosten elf Euro.
Sieben Öle flogen bei Nachtests raus
Vier teure Bio-Öle schmecken ranzig
Zwölf Öle „gut“, eines „sehr gut“