Aktienbesitzer und Börsenhändler haben in diesen Wochen wenig, besser gesagt nichts, zu lachen. Es gibt einfach keine positiven Nachrichten. Die Folge: Die Kurse kennen nur eine Richtung – nach unten. Am Freitag rutschte der Deutsche Aktienindex Dax auf den tiefsten Stand seit November 2020. Der Wochenverlust beläuft sich auf gut drei Prozent. Das Jahresminus nähert sich der Marke von 25 Prozent.
Es war in der abgelaufenen Woche nicht unbedingt die nächste deutliche Zinserhöhung durch die US-Notenbank und die Sicherheit, dass es weiter nach oben geht und dass auch die Europäische Zentralbank (EZB) Ende Oktober erneut an der Zinsschraube drehen wird. Es war die weltweite Welle von Zinserhöhungen. Und vor allem die düsteren Wirtschaftsaussichten. Nicht nur in Europa steht eine Rezession ins Haus, auch in den USA droht ein Rückgang der Wirtschaftsleistung. Die Null-Covid-Politik in China bremst weiter. Beides wiederum trifft deutsche Exporteure.
Und die Inflation bleibt hoch, die Energiepreise klettern erst einmal weiter. Die steigenden Zinsen bremsen Investitionen und das Geschäft auf dem Immobilienmarkt. Der Immobilienkredit-Vermittler Hypoport wagt nicht einmal mehr eine Prognose für den Rest des Jahres. Die einst auf Höhenflug befindliche Aktie stürzte am Freitag zeitweise um mehr als 30 Prozent ab. Ganz abgesehen von der Belastung durch den russischen Überfall auf die Ukraine und dem Säbelgerassel durch den Autokraten im Kreml.
Ungemach droht auch durch die Wahl am Wochenende in Italien. Wenn dort die Rechtspopulisten siegen, wird das die Eurozone und den Euro weiter unter Druck bringen. Ein schwächerer Euro erhöht wiederum die Inflationsgefahren. Denn Importe, die in Dollar bezahlt werden müssen – also Energie, Rohstoffe und Vorprodukte – verteuern sich dadurch zusätzlich.
Ulrich Kater, Chef-Volkswirt der DekaBank erwartet erst 2023 wieder Impulse nach oben für den Aktienmarkt, wenn das Ende der Zinserhöhungen durch die Notenbanken absehbar werden könnte. Ähnlich sieht es Andreas Hürkamp von der Commerzbank. Eine nachhaltige Trendwende im Dax dürfte es erst geben, wenn die US-Notenbank ein Ende ihrer Leitzinserhöhungen signalisiert habe, sagt er. Das werde wohl kaum vor Frühjahr 2023 der Fall sein. ROLF OBERTREIS