Irgendwie scheinen die schlechten Nachrichten für den Aktienmarkt nicht abzureißen. Es ist weiter ein Crash auf Raten. Bis auf 11 862 Punkte rutschte der Deutsche Aktienindex Dax in der letzten Septemberwoche ab. Es war der tiefste Stand seit November 2020. Auch wenn der Index am Freitag wieder die Marke von 12 000 Punkten übersprungen hat: Das Minus in diesem Jahr summiert sich auf rund 25 Prozent. Ein Ende der Tristesse ist nicht abzusehen.
Die Chef-Strategen der öffentlichen Banken zeichnen ein mehr als trübes Bild. Bis auf 11 000 Punkte könne es noch nach unten gehen, sagt Joachim Schallmeyer von der DekaBank. Uwe Streich von der Landesbank Band-Württemberg malt ein schlimmeres Szenario: Der Dax könne bis auf unter 9700 Zähler abstürzen. Bei 10 000 Punkten sieht Markus Reinwand von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) das Extremszenario.
An der Malaise ändert auch der erfolgreiche Börsengang von Porsche nichts. Anschläge auf Gas-Pipelines, zweistellige Inflationsraten, Zentralbanken weltweit im Zinserhöhungs-Rennen – Commerzbank-Chef-Volkswirt Jörg Krämer erwartet mittlerweile, dass die US-Notenbank Fed den Leitzins-Gipfel bei fünf Prozent sieht, die Europäische Zentralbank werde von derzeit 1,25 bis zum Frühjahr 2023 auf drei Prozent hochgehen. Dazu gesellen sich höchst bedenkliche Prognosen des Sachverständigenrates, das 200 Milliarden Euro schwere Energiepaket der Bundesregierung, der anhaltende Krieg in der Ukraine, die Annexionen.
„Wir gehen in die nächsten Monate mit großem Respekt“, sagt Schallmeyer. „An der hohen Unsicherheit wird sich auch im vierten Quartal nichts ändern“. Seine Kollegen sehen das ähnlich. „Uns steht ein heißer Herbst an den Aktienmärkten bevor – mit kräftigen Schwankungen und zwischenzeitlichen Kursrücksetzern“, umschreiben sie die Lage. Das Umfeld sei extrem schwierig. Und doch versuchen sie auch ein wenig Zuversicht zu verbreiten. „In den Kursen sind schon viele der aktuellen Risiken eingepreist“, sagt Helaba-Stratege Reinwand. Die Inflation werde im vierten Quartal ihren Höhepunkt erreichen, die Unternehmensgewinne seien robust.
„Vermutlich hat der Dax sein Tief noch nicht gesehen“, sagt Commerzbank-Chef-Ökonom Krämer. Zudem steigen die Anleiherenditen, womit sich eine Alternative zu Aktien eröffnet. Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen ist mittlerweile auf rund 2,20 Prozent gestiegen. Freilich beschert auch das angesichts einer Inflationsrate von zehn Prozent unter dem Strich immer noch Verluste. ROLF OBERTREIS