Code CI 77891: Vorsicht bei diesem Zusatz

von Redaktion

Wandfarben, Schmerztabletten, Kaugummi, Backdekor, Sonnenmilch und Zahnpasta haben eine Gemeinsamkeit – sie enthalten häufig Titandioxid. Das strahlend weiße Farbpigment mit hoher Deck- und Leuchtkraft ist seit vielen Jahren ein beliebtes Allzweckmittel in der Industrie und wird gerne eingesetzt, um die Optik von Produkten aufzuhübschen. Auch als funktionaler Bestandteil ist es von Bedeutung, zum Beispiel als mineralischer Sonnenschutz in Sonnenmilch.

Doch das strahlende Image bröckelt: es gibt immer mehr Hinweise, dass Titandioxid gesundheitliche Risiken mit sich bringt. Ein Problem dabei ist die Partikelgröße. Liegt Titandioxid in besonders kleiner Form als sogenanntes Nanomaterial vor, birgt es die größten Risiken, weil es aufgrund der geringen Größe in Zellen eindringen und dort Schäden auslösen kann.

So ist bekannt, dass nano-partikelhaltiger Titandioxidstaub beim Einatmen Entzündungen in der Lunge, im Tierversuch bei hohen Konzentrationen auch Lungentumore auslösen kann. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA kam im Mai 2021 nach Sichtung vieler Studien zu dem Schluss, dass Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher zu erachten sei. Dabei geht es nicht um das Einatmen von Partikeln, sondern um die Aufnahme von Titandioxid über den Verdauungstrakt. Die EFSA befürchtet, dass Titandioxid das Erbgut in Zellen schädigen kann. Bei Menschen mit Darmerkrankungen kann die Zufuhr das Krankheitsbild verschlechtern. Seit August darf nun der Stoff mit der E-Nummer 171 EU-weit nicht mehr in Lebensmitteln verwendet werden. In Frankreich, das eine Vorreiterrolle bei der Neubewertung von Titandioxid innehatte, gilt das Verbot schon seit 2020. Lagerbestände dürfen allerdings noch bis zum Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums abverkauft werden.

Und so finden sich immer noch titandioxidhaltige Lebensmittel wie Kaugummi, Schokolinsen, Zuckerdekor und andere Süßwaren in den Regalen. Vor allem aber sind es Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamintabletten, in denen der Farbstoff noch enthalten ist. Betroffene Lebensmittel mit kurzer Haltbarkeit, etwa Mozzarella mit Titandioxid als Weißmacher, sind mittlerweile nicht mehr auf dem Markt.

In Arzneimitteln und Kosmetik ist Titandioxid derzeit weiterhin erlaubt. Bei Arzneimitteln befürchtet man andernfalls Engpässe bei der Versorgung. Schließlich erfordert eine Rezepturumstellung eine entsprechende Sicherheitsprüfung, um zu gewährleisten, dass das Medikament auch in der neuen Zusammensetzung seine Wirkung wie vorgesehen entfalten kann. Umstritten ist die Verwendung in Kosmetika. Besonders die Verwendung in Zahnpasta steht in der Kritik von Verbraucherschützern. Hier kommt Titandioxid in Kontakt mit Schleimhäuten – genauso wie bei der Verwendung in Lebensmitteln, die nun verboten ist. Auch in Kinderzahnpasta ist Titandioxid häufig enthalten. Kinder sind empfindlicher und schlucken zudem Zahnpasta in größerer Menge herunter als Erwachsene. Das Bundesinstitut für Risiko- bewertung (BfR) allerdings kann noch nicht beurteilen, ob die Bewertung der EFSA zu Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff auch auf die Verwendung in Zahnpasta übertragen werden kann, und will dies entsprechend prüfen.

Hersteller reagieren auf die wachsende Kritik bislang vor allem mit Stellungnahmen. Sie sichern etwa zu, nach Alternativen für den Stoff zu suchen oder nur Titandioxid in unbedenklicher Partikelgröße zu verwenden. Wer Titandioxid in Kosmetikprodukten meiden will, kann es an dem Code CI 77891 bei den angegebenen Inhaltsstoffen erkennen.

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