Hans S.: „Wir leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Ich habe in die Ehe 2 Grundstücke eingebracht. Im Wege der vorweggenommenen Erbschaft habe ich 2019 das Grundstück A auf die Ehefrau und Grundstück B auf die Tochter übertragen. Damit sind die erbschaftsteuerlichen Freibeträge von 500.000 bzw. 400.000 Euro ausgeschöpft. Die Ehefrau hat nach § 1365 BGB im Hinblick auf etwaige güterrechtliche Ansprüche sowie im Hinblick auf etwaige erbrechtliche Bindung, der Überlassung an die Tochter zugestimmt. Weitere erbrechtliche Erklärungen, etwa im Hinblick auf einen Zugewinn der Ehefrau, wurden nicht getroffen. Frage: Hat die Ehefrau bei meinem Tod einen fiktiven Anspruch auf erbschaftsteuerfreien Zugewinn aus der Wertsteigerung der überlassenen Grundstücke (A und B) für die Zeit von der Eheschließung bis zum Zeitpunkt meiner Überlassungen im Jahre 2019?
Um die Frage zu beantworten, möchte ich kurz die rechtlichen Hintergründe erläutern. Verzichten Ehegatten auf einen Ehevertrag, gilt für Sie die Zugewinngemeinschaft. Das heißt, die Vermögen sind generell getrennt. Am Ende erhält der Überlebende oder geschiedene Ehegatte noch einen Ausgleich, den Zugewinnausgleichsanspruch. Dabei zieht jeder Ehegatte im ersten Moment nur für sich Bilanz. Der eigene Zugewinn errechnet sich aus Endvermögen abzüglich Anfangsvermögen. Die Differenz der beiden Zugewinne der Ehegatten steht hälftig dem Ehegatten zu, der einen geringeren Zugewinn erwirtschaftet hat (§ 1378 Abs. 1 BGB). Klingt kompliziert und ist es auch. Darum sei an der Stelle bereits darauf hingewiesen, dass man sich bei der Berechnung des Zugewinns von einem Rechtsanwalt und/oder Steuerberater begleiten lassen sollte. Denn: Auch das Finanzamt stellt oft unangenehme Rückfragen. Der Zugewinn muss natürlich um Sondereffekte wie erhaltene Erbschaften/Schenkungen bereinigt werden. Das kann man eigentlich nur mit einer Tabelle schön und nachvollziehbar darstellen. Ich kann Ihnen aber gerne die rechtlichen Hintergrunde offenlegen.
Schenkung an die Ehefrau: Grundsätzlich zählt das Grundstück als Ihr Anfangsvermögen, da Sie es in die Ehe eingebracht haben. Es ist allerdings nicht in Ihrem Endvermögen enthalten. Die Schenkung vom Ehemann an die Ehefrau an sich wird ausgeblendet. Darüber hinaus erscheint das Vermögen im Endvermögen Ihrer Ehefrau, erhöht als ihr persönlicher Zugewinn. Die Schenkung wird im Zweifel auf die später entstehende Ausgleichsforderung angerechnet (§ 1380 Abs. 1 BGB), wenn nicht etwas anderes geregelt wurde. Da die Regelungen äußerst komplex sind, raten wir zu einem Anwalt.
Schenkung an die Kinder:
Da die Ehefrau zugestimmt hat sind die Grundstücke nicht mehr im Endvermögen enthalten. Isoliert auf diesen Vermögensgegenstand bezogen, ist also ein negativer Zugewinn eingetreten. Deswegen sieht § 1375 Abs. 2 BGB eine Regelung für die Fälle vor, in denen sich eine absichtliche Entreicherung ergibt. Da Ihre Ehefrau zugestimmt hat, ist die Rechtsfolge aber nach unserer Ansicht richtig.