Nachtstrom-Tarife: Rentabel nur in Sonderfällen

von Redaktion

Bei klassischen Eintarif-Verträgen ist die Sache klar: Strom kostet für den Verbraucher unabhängig von der Tages- oder Nachtzeit gleich viel. Nun, da beispielsweise die Stadtwerke München den Strompreis in der Grundversorgung mehr als verdoppeln wollen (wir berichteten), sind Sparpotenziale gefragt. Eine Möglichkeit, die Kosten zu senken, ist die Zweitarifmessung. Deren Prinzip ist einfach: In einer für die Nacht festgelegten Zeitspanne, oft zwischen 22 und 5 Uhr, kostet der Strom weniger als tagsüber. Das kann Geld sparen und entlastet bei einer Verlagerung des Verbrauchs das Stromnetz. Allerdings gibt es mehrere Haken.

Die Stadtwerke München (SWM) bieten ihren Privatkunden nach eigenen Angaben in allen Tarifen die Option der Zweitarifmessung an. Für wen sich das lohnt, komme auf die jeweiligen Bedürfnisse an, sagt SWM-Sprecher Michael Silva. Wirklich relevant sei die Option aus seiner Sicht aber nur für Kunden mit speziellen Konstellationen, etwa, wenn eine Wärmepumpe oder eine Stromspeicherheizung betrieben werde. „Außer der Kunde weiß, dass er explizit viel Strom in der NT-Zeit (Niedertarif, d. Red.) braucht“, sagt Silva. Das könnten etwa Gewerbetreibende sein. „Ansonsten lohnt sich das nicht, da auch der Grundpreis aufgrund der Zweitarifmessung höher ist, der erst mal durch den NT-Verbrauch amortisiert werden müsste.“

Das Online-Vergleichsportal Verivox hat sogenannte smarte Stromtarife zuletzt im Februar 2021 untersucht. „Noch selten und teuer“, lautete das Fazit. Nur bei acht von 50 örtlichen Stromversorgern in den größten deutschen Städten seien zeitvariable Stromtarife gefunden worden. „Auch unter der hypothetischen Annahme, dass der Musterhaushalt den gesamten Stromverbrauch in die günstigste Zeitzone verlegt, ist keiner der untersuchten Smart-Meter-Tarife günstiger als das jeweils günstigste verfügbare Angebot mit fairen Vertragsbedingungen“, wird Energieexperte Thorsten Stock zitiert. Auch könne das Gros des Verbrauchs ohnehin nicht in die Nacht verlegt werden. Heute, sagt Verivox-Sprecher Lundquist Neubauer, seien Grundversorger im Schnitt günstiger. Würde ein „erheblicher Großteil“ des Verbrauchs in die Nacht gelegt, könnten sich die Tarife lohnen. Auch Check24-Sprecher Edgar Kirk nennt als potenzielle Zielgruppe jedoch eher Kunden mit Wärmepumpen, Nachtspeicherheizungen oder Elektroautos. „Ob und für wen sich die Angebote lohnen, sollte individuell mit einem Angebotsvergleich geklärt werden.“ JONAS NAPILETZKI

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