Banken und Sparkassen rühren seit einigen Wochen kräftig die Werbetrommel, locken mit steigenden Zinsen fürs Tages- und Festgeld. Und tatsächlich sind die Renditen dafür in Bewegung geraten – wenngleich sie bei Weitem nicht ausreichen, um die Inflation von zuletzt über zehn Prozent zu schlagen. Dass auch die Zinsen für Dispo und Überziehung in vielen Fällen deutlich angehoben wurden, wird seitens der Kreditinstitute weniger gern kommuniziert. Dabei ist das für eine wachsende Zahl von Verbrauchern von Bedeutung – vor allem jetzt, wo viele wegen der stark gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel am Monatsende schnell mal ins Minus rutschen. Was das bedeutet und was man über Dispo- und Überziehungskredit wissen sollte – hier ein Überblick.
Nach einer Auswertung des Finanzportals biallo.de haben zuletzt 264 von 1167 untersuchten Finanzinstituten den Dispozins angehoben. Der durchschnittliche Dispozins liegt jetzt bei 10,07 Prozent; vor einem Jahr waren es 9,99 Prozent.
Der Zins für die Überziehung des Disporahmens beträgt 12,39 Prozent, nach 12,29 Prozent vor einem Jahr. Der Anstieg wirkt nicht dramatisch. „Aber man muss bedenken, dass der Durchschnittssatz angesichts der Niedrigzinsen vorher schon sehr hoch und nicht zu rechtfertigen war“, sagt Horst Biallo, Gründer des Finanzportals. Dass Banken die Lage nun nutzten, um die vorher schon hohen Zinsen noch höher zu setzen, ist für ihn „ein starkes Stück“.
Jüngstes Beispiel: die Raiffeisenbank Westkreis Fürstenfeldbruck. Das Institut gehörte schon bisher zu den fünf teuersten Banken in der Biallo-Rangliste: Jetzt wurde der Zins noch einmal erhöht – von 13,26 auf auf 13,68 Prozent. Man wolle niemand in die Schuldenfalle stürzen, beteuert die Bank. Betroffenen Kunden rate man immer zu günstigen Konsumentenkrediten. Unter den teuersten Geldhäusern, die Biallo ermittelt hat, ist auch die VR-Bank Landsberg-Ammersee, die 14,71 Prozent für den Dispo verlangt und 19,71 Prozent für die geduldete Kontoüberziehung.
Verbraucherschützer rechnen damit, dass hohe Dispozinsen für viele Bürger in die Schuldenfalle führen. Und zwar nicht nur die Ärmeren, sondern zunehmend breitere Schichten. Damit dies verhindert wird, fordern sie einen gesetzlichen Zinsdeckel. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung haben fast 40 Prozent der Deutschen kaum Rücklagen.
Horst Biallo rät Kunden, die ihr Girokonto häufig überziehen und die für ihren Dispo mehr als zehn Prozent Zinsen bezahlen müssen, die Bank zu wechseln. Was viele nicht wüssten: Immerhin rund 20 Geldhäuser räumten auch neuen Kunden einen Sofort-Dispo ein, zum Beispiel die ING oder DKB. Wer lieber bei seiner Bank bleiben will, der hat laut Biallo die Möglichkeit, einen billigen Externen Dispo zu ordern (Infos unter: biallo.de/abrufkredit). Aktuell biete hier die Volkswagen Bank den günstigsten Zinssatz an mit 3,99 Prozent.
Beachten sollte man dabei, dass es Unterschiede zwischen Dispo- und Überziehungskredit gibt.
Ein Dispokredit ist:
. jederzeit abrufbar . die Dispozinsen liegen zwischen zwei und 12 Prozent pro Jahr
. steht zur freien Verfügung . die Höhe wird individuell festgelegt (in der Regel drei Nettomonatsgehälter)
. die Rückzahlung erfolgt nach eigenem Ermessen
Für einen Überziehungs-kredit gilt:
. die Bewilligung liegt im Ermessen der Bank
. die Überziehungszinsen liegen zwischen zwölf bis 18 Prozent pro Jahr . es besteht kein Anspruch . er muss meist sofort zurückgezahlt werden.
Die Verbraucherzentrale Bayern verurteilt das Verhalten der Geldhäuser. „Dass Banken jetzt die erstbeste Gelegenheit nutzen, um die Dispozinsen erheblich anzuheben, und so ihre Gewinnmargen erhöhen, kritisieren wir“, so Sprecher Sascha Straub. Der Dispo sei der schlechteste Kredit, den man nehmen könne. „Insoweit raten wir Verbrauchern nur und so weit in den Dispo zu gehen, wenn man sich sicher ist, diesen in wenigen Monaten wieder ausgleichen zu können“, sagt Straub. Darüber hinaus sollten sich Bankkunden bei der Kontosuche nicht nur das Kontoentgelt ansehen und vergleichen, sondern auch die Dispozinsen. EVA STRAUSS, WOLFGANG DE PONTE